Das Wort Nachrichtenkompetenz ist so träge, dass es seiner Bedeutung kaum gerecht wird. Journalistische Inhalte verstehen und kritisch beurteilen zu können, bleibt wichtig in einer Gegenwart, in der "eine laute Minderheit" fast jeder Berichterstattung das "falsche Etikett Lügenpresse" aufklebt und Menschen Nachrichten zunehmend über soziale Netzwerke beziehen.
So formulieren die Dresdner Kommunikationswissenschaftler Lutz M. Hagen, Anja Obermüller und Rebecca Renatus Ausgangspunkte einer noch unveröffentlichten Studie, die sie für die Stiftervereinigung der Presse erstellt haben. Untersucht haben sie Vorgaben durch die Kultusministerkonferenz (KMK) für die Lehrerbildung, Lehrpläne für Schulen aller deutschen Bundesländer sowie Studiendokumente. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, "dass Nachrichtenkompetenz in der schulischen Bildung vernachlässigt" werde. So gingen die KMK-Vorgaben auf das Konzept kaum ein, auch werde es in weniger der Hälfte aller 207 untersuchten Dokumente mit Unterrichtsvorgaben für Schulen thematisiert. Nur ein Drittel der Lehrplanvorgaben mit Nachrichtenbezug annoncierten das Mediensystem Deutschlands und seine Rolle für die freie Meinungsbildung. Facebook und andere soziale Netzwerke, schreiben die Autoren weiter, kämen "nur in jedem dreißigsten Lehrplan vor".
Dem vorgelagert kritisieren die Dresdner Wissenschaftler, dass schon in der Ausbildung von Lehrern zu wenig auf das Thema eingegangen werde. Nachrichtenkompetenz spiele in Studiendokumenten "praktisch keine Rolle". Wie zum Beweis liest sich das Ergebnis einer ergänzenden Befragung von 83 Lehramtsstudenten durch die Autoren: Nur ein Drittel dieser wusste, dass Journalisten in Deutschland keine Lizenz brauchen. Mehr als vier von zehn Befragten nahmen an, Presseberichte über Bundesministerien müssten vor Veröffentlichung von diesen abgenommen werden.