W&V: Krisen-PR im Dioxin-Fall:Das große Schweigen um Dioxin

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Gerade die Hersteller müssten sich im Lebensmittelskandal erklären - sie überlassen das Reden den Verbänden, die jedoch nur Alltags-PR leisten.

Conrad Breyer

Eier, Geflügel, jetzt auch Schweinefleisch - der Dioxin-Skandal zieht immer weitere Kreise. Die Hersteller sagen jedoch nichts und überlassen die Kommunikation den Verbänden. Die beschränken sich indes auf Basis-PR - ein schwerer Fehler, wie Experten meinen.

Sich im Dioxin-Skandal lediglich auf alltägliche PR-Taktiken zu verlassen, sei für die Hersteller nicht ratsam, finden Experten. (Foto: AFP)

"Wir wollen im Zusammenhang mit dem Dioxin-Skandal nicht erwähnt werden", sagt die Sprecherin des Erzeugerverbundes Gold-Ei. "Denn unsere Eier sind nicht betroffen." Viele Vertreter der Eier- und Geflügelindustrie reagieren verärgert, befragt man sie zum Thema Dioxin.

Ihre Kunden, Groß- und Einzelhändler, haben die meisten Hersteller zwar informiert. Firmen wie Deutsches Frühstücksei und Landkost informieren auch auf ihrer Homepage. Außer dem Fleischerzeuger Wiesenhof, der in der Bild-Zeitung zwei Anzeigen geschaltet hat, sprechen die Hersteller den Verbraucher nicht an. Die Verbände sollen es richten.

Der Bundesverband Deutsches Ei und der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft sollen diese Aufgabe übernehmen. "Wir machen Basispressearbeit, um die Verbraucher aufzuklären", sagt Kerstin Spelthann, die für die Geflügelwirtschaft spricht.

Sie glaubt, dass das Bild der Eier- und Geflügelindustrie in Deutschland nicht gelitten hat. "Die Behörden haben schnell reagiert; viele Betriebe sind präventiv geschlossen worden." Bis Redaktionsschluss waren noch 330 Schweine- und Putenmäster sowie Legehennenbetriebe gesperrt. Anfangs waren es knapp 5000.

Klaus Dittko, Chef von Scholz & Friends Agenda in Berlin, sieht diese PR-Strategie kritisch. "Jede Salamitaktik in der Kommunikation ist schädlich." Sie ziehe die Berichterstattung in die Länge und treffe alle Beteiligten. "Auch wenn, wie im aktuellen Fall, Landwirte und Hersteller gar keine Schuld trifft." Die trägt bekanntlich ein Futterbetrieb.

"Trotzdem", so Dittko, "haben die Verbraucher nun einen Anlass, die Lebensmittelsicherheit insgesamt infrage zu stellen." Die beteiligten Marktteilnehmer hätten lieber konzertiert vorgehen sollen. Der Umsatz von Bio-Eiern ist gestiegen; Schwein und Geflügel bleiben stabil.

© W&V 02/2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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