Videoplattform:Stoppt den Nonsens

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Youtube steckt insgesamt 25 Millionen Dollar in den Kampf gegen Fake News. Redaktionelle Videos aus "seriösen Nachrichtenhäusern" sollen aufgewertet werden - vor allem in Breaking-News-Lagen. Über die neuen Pläne der Videoplattform.

Von Viola Schenz

Wer glaubt, die Mondlandung habe 1969 nie stattgefunden, kann sich das auf Youtube bestätigen lassen. "Mondschwindel" oder "Lüge Mondlandung" sind dort nach wie vor beliebte Videos; die angeblich von der NASA vorgetäuschten Aufnahmen gelten als Klassiker unter den Verschwörungstheorien, die im Web kursieren. Gegen solchen und anderen Nonsens will Youtube nun mit vereinten Kräften vorgehen. In einem Blogeintrag kündigten die Co-Chefs Neal Mohan und Robert Kyncl am Montag im kalifornischen San Bruno Maßnahmen im Kampf gegen Falschnachrichten an.

Demnach will man in den kommenden Wochen damit beginnen, ergänzend zu den Videos und Filmchen "zuverlässige" Nachrichtenquellen prominenter hervorzuheben, besonders bei Eilmeldungen und überraschenden Ereignissen, in deren Folge sich Falschmeldungen besonders leicht verbreiteten. Hier will Youtube den Nutzern bei den Suchergebnissen eine kurze Textvorschau zu Nachrichtenartikeln präsentieren. Seriöse Medien sollen ein Gegengewicht sein zu Videos, die unmittelbar nach Großereignissen wie Amokläufen, Anschlägen oder Naturkatastrophen schnell produziert und hochgeladen werden, die jedoch oft falsche Informationen beinhalten. Gleichzeitig werde man darauf hinweisen, dass sich Meldungen zu aktuellen Ereignissen durch neue Entwicklungen schnell ändern könnten.

Außerdem soll eine weltweite Arbeitsgruppe aus "Nachrichtenanbietern" und Fachleuten helfen, neue Funktionen für die Nachrichtennutzung zu entwickeln. In gut zwanzig Ländern, darunter Deutschland, sollen Medien beim Aufbau "eines nachhaltigen Videogeschäfts" unterstützt werden. "Damit können unsere Partner Schlüsselkompetenzen aufbauen, Mitarbeiter im Videobereich schulen, die Infrastruktur für die Produktion verbessern", heißt es. Populäre Youtuber wie John Green, Ingrid Nilsen oder Mark Watson sollen mit Hilfe von amerikanischen Universitäten und Bildungseinrichtungen Teenagern digitale Kompetenz vermitteln. Historische und wissenschaftliche Themen, die schon oft Opfer von Fehlinformationen waren, sollen mit Informationen seriöser Drittanbieter wie Wikipedia oder der Enzyklopädie Britannica verlinkt werden. Notorischen Verschwörern etwa, die behaupten, Barack Obama sei Muslim und außerhalb der USA geboren, soll so versuchsweise das Handwerk gelegt werden, ebenso den Mondlandungsleugnern.

Die ganze Aktion ist Teil beziehungsweise Fortsetzung der Google News Initiative (GNI), die der Youtube-Mutterkonzern Google vergangenen März unter einem neuen Dach zusammengefasst hatte. Selbsterklärtes Ziel von GNI ist es, den Journalismus im digitalen Zeitalter zu fördern. Das Vorläuferprojekt "Digital News Initiative" (DNI) hatte der amerikanische Konzern vor drei Jahren mit Verlags- und Journalismuspartnern in Europa gestartet.

Offen bleibt, wen oder was Youtube als zuverlässige Nachrichtenquellen einstuft und wie die Zusammenarbeit mit internationalen Medien und "Nachrichtenanbietern" in der Praxis konkret aussehen soll. 25 Millionen Dollar will die Google-Tochter in die ehrgeizigen Vorhaben investieren. Hintergrund dürfte hier auch sein, dass sich Werbekunden immer wieder beschweren, weil ihre Anzeigen und Spots vor Videos mit umstrittenen Inhalten, etwa Gewalt, Hetze oder Verschwörungstheorien, geschaltet werden. Manche haben ihre Werbung daher storniert.

Youtube will also vermutlich nicht allein die Nachrichtenwelt zu einer besseren machen, sondern vor allem auch vergrätzte Werbekunden besänftigen und zurückgewinnen.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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