Veranstaltung:Krisengipfel

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Ein Hamburger Mediendialog zu "Wertschöpfung und Wertschätzung - Herausforderungen für Medien und Kreative". Es ging um den Journalismus in nicht nur wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Gedanken dazu drehten sich im Kreis.

Von Thomas Hahn

Die Krise der Medien ist auch nicht mehr die Jüngste. Das hat man ihr beim Mediendialog der Stadt Hamburg nur nicht angesehen, weil sie dort wieder mal wortreich und auch via Twitter aufgearbeitet wurde. "Wertschöpfung und Wertschätzung - Herausforderungen für Medien und Kreative" lautete das Thema. Es ging um den Journalismus, und man durfte staunen, wie sich die Gedanken dazu im Kreise drehen.

Kein Zweifel, die Zeiten sind schwierig für den Qualitätsjournalismus. Es gibt wirtschaftliche Probleme, technische Hindernisse, gesellschaftliche Herausforderungen, Vertrauensverluste. Dieses verdammte Internet hat so viel verändert, die Medien müssen sich verkaufen, die Werte der Demokratie hochhalten und stehen in der Kritik. Schlimm - aber nicht neu. Allmählich dürfte die Branche eine Haltung dazu gefunden haben. Aber hat sie das auch?

Schwer zu sagen. In seiner umfassenden Grundsatzrede empfahl der Hamburger Medien-Staatsrat Carsten Brosda den Redaktionen mehr Innovationsdenken, aber er sagte auch: "Das Gute ist keine Reportage wert. Warum eigentlich nicht?" Ist das Fortschritt, wenn unabhängige Berichterstattung statt nach Brüchen nach Harmonie sucht? Prompt reagierte Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke mit einer angemessen spitzen Bemerkung.

Auch in der anschließenden Podiumsdiskussion, an der noch Jakob Augstein, Freitag-Chefredakteur, Hasnain Kazim von Spiegel Online und NDR-Journalistin Anja Reschke teilnahmen, waren die Ansichten seltsam durcheinander. In der Flüchtlingskrise hatten Zeitungen Abbestellungen, weil sie Angela Merkels Kurs folgten. Schwennicke sagte, er habe sich gefragt, ob der Fehler bei den Zeitungen lag - um dann zu erklären, dass es an seinem Blatt nicht lag, weil er die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin immer für falsch hielt. Anja Reschke fand, "dass ich einen pädagogischen Auftrag habe". Aber auch: "Wir sind Teil des Systems." Worauf Augstein den US-Journalisten Gay Talese zitierte: "Der perfekte Journalist ist immer ein Fremder." Einer also, der die Verantwortung für seine Sachlichkeit trägt? Beim Begriff Verantwortung wurde Augstein zögerlich und erklärte, der Journalist habe "nur Verantwortung für seinen Text, für nichts anderes".

Also was jetzt? Sind Journalisten selbstkritisch? Räder im Getriebe? Querdenker? Pädagogen? Selbstdarsteller? Journalisten sind Wahrheitensammler, die sich nicht wichtiger nehmen dürfen als ihr Thema. Aber das hat man nur mir großer Mühe verstehen können an diesem wortreichen Abend im Rathaus.

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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