Unterhaltungsshows:Im Tanzschritt durch die Pandemie

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Ilse DeLange und Evgeny Vinokurov tanzen Wiener Walzer bei "Let's Dance". (Foto: Stefan Gregorowius/TVNOW)

Alles geschlossen, verschoben oder abgesagt - aber die beiden TV-Shows "Masked Singer" und "Let's Dance" durften weitersenden. Zum Glück.

Von Fabian Dombrowski

Wie sehr wir unseren Alltag auf die Bekämpfung des Virus ausrichteten, lässt sich auch an Fernsehshows erkennen. Ende Februar 2020 startete die RTL-Tanzshow Let's Dance noch frei von jeglichen Virussorgen: Man tanzte in der Gruppe, lag sich in den Armen, das Publikum applaudierte. Woche für Woche jedoch drang ein Stück mehr von der Corona-Welt in das Glanz- und Tanz-Universum der RTL-Show: Erst saßen statt Publikum nur noch die Angehörigen der Tanzenden im Studio, schließlich niemand mehr. Die Juroren rückten zunächst demonstrativ auseinander, um sich bald schon zwischen Plexiglasscheiben wiederzufinden. Auch die Moderatoren Daniel Hartwich und Victoria Swarovski standen nicht mehr in der Bildschirmmitte, sondern am äußeren Rand: der eine links, die andere rechts.

Irgendwann schienen jedoch selbst auf dem weitflächigen Tanzparkett alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu sein, eine Corona-unabhängige Wirklichkeit zu kreieren. Und es war unsicher für die Showmacher, ob sie sieben Tage später überhaupt noch mal auf Sendung gehen dürfen.

Aber die zuständigen Behörden erteilten aufgrund des Hygienekonzepts ihre Genehmigung für die Produktion. Das überraschte die Beteiligten selbst wohl am meisten. Ähnlich erging es auch dem Pro-Sieben-Show-Hit The Masked Singer, in dem Prominente in imposanten Kostümen singen und ein Rateteam rätselt, wer wohl Faultier, Chamäleon und Co. sein könnten. Anfangs witzelten viele in den sozialen Netzwerken noch über die vielleicht Corona-sicherste aller Shows - die Teilnehmenden haben ja schließlich schon Masken auf, höhö. Aber dann traf auch hier die Corona-Realität jäh die Alice-im-Wunderland-hafte Kostümparade: Zwei Wochen musste die Show pausieren, da zwei der Sänger an Covid erkrankten. Doch dann ging es auch hier weiter.

Es waren so ziemlich die einzigen Veranstaltungen noch auf der großen Bühne

Zum Glück. In einer Zeit, in der alles plötzlich geschlossen, verschoben und abgesagt werden musste, waren Let's Dance und The Masked Singer so ziemlich die einzigen großen Veranstaltungen, die noch auf der Bühne stattfinden konnten. Und zumindest dienstags und freitags war das live produziertes und oft für Überraschungen sorgendes Fernsehprogramm. Vier bis fünf Millionen Zuschauer sahen zu, als Dieter Hallervorden und Sonja Zietlow aus bunten Tierkostümen schlüpften oder Ailton und Ulrike von der Groeben über das Tanzparkett fegten. Viele - so zeigen es etwa die Kommentare auf Instagram und Twitter - hangelten sich während der Lockdown-Tristesse von Masked Singer zu Let's Dance zu Masked Singer.

TV-Zuschauer betreiben Mood Management, wie es der Medienpsychologe Dolf Zillmann 1988 beschrieb: Erwünschte Gefühle können durch Unterhaltungsangebote auf schnell verfügbarem Wege stimuliert werden. Stimmungsmacher im besten Sinne also.

Und noch etwas haben Let's Dance und Masked Singer gemeinsam: Wohl in keiner anderen deutschen Unterhaltungsshow kommen Menschen so vieler verschiedener Nationen, Herkünfte, Altersgruppen, sexueller Orientierungen und Identitäten zusammen wie bei Let's Dance - und immer geht es um ihre Leistung auf der Tanzfläche. Und wenn sich bei Masked Singer Küken, Monster und Flamingo in den Armen liegen, zeigt das doch die Utopie einer bunten Gesellschaft, die von Vielfalt und Individualismus geprägt ist. Dass sich viele in Pandemie-Zeiten wenigstens darauf einigen können, ist doch nicht das Schlechteste.

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