Statt Tatort:Alles aufs Spiel

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(Foto: N/A)

Lust auf Krimi auch in der Tatort-Pause? Eine Empfehlung für Klaus Roth, der in muffigen Umkleidekabinen zu manipulierten Sportwetten ermittelt und sich mit Lügen rumschlägt. Folge 5 der SZ-Sommerkolumne.

Von Karoline Meta Beisel

Der Tatort macht Sommerpause, das Erste zeigt nur Wiederholungen. Jetzt kann man endlich mal andere Krimis schauen. Denn: Auch andere Sendeplätze haben schöne Ermittler.

Wer sich nicht mehr an seine eigenen Lügen erinnern kann, der ist ein toter Mann, hatte sein Chef ihn noch gewarnt. Aber was, wenn man zwar noch ganz genau weiß, was an der eigenen Biografie wahr ist und was erfunden - sich der Lügenversion seiner selbst aber längst näher fühlt als der Person, die man vor den ganzen Lügen war?

Bei Klaus Roth (Tom Schilling) ist dieser Moment gekommen, als er im Krankenhaus Pera kennenlernt, die neugeborene Tochter von Luka. Luka (Edin Hasanovic) sollte nicht sein Freund sein, er darf es nicht sein, aber irgendwie ist er es eben doch geworden. Als Luka fragt, ob Roth der Pate seiner Tochter werden will, da kann dieser nicht nein sagen. Zum einen weil er sich für Luka - also auch für dessen Tochter - sowieso längst verantwortlich fühlt, auch ohne Taufspruch. Zum anderen, weil er damit unweigerlich seine Tarnung aufs Spiel setzen würde: Klaus Roth recherchiert als verdeckter Ermittler in einer serbischen Gangsterbande, die ihr Geld mit manipulierten Sportwetten macht, und Luka ist seine Eintrittskarte in diese Welt. Alles aufs Spiel zu setzen, darum geht es in Auf kurze Distanz also auch ganz wörtlich.

Das Schummelteam von Lukas Onkel macht mit jedem Sport Geld, der sich schieben lässt, egal ob Tennis, Eishockey, Boxen oder, vor allem, mit Fußball. Der Film von Regisseur Philipp Kadelbach ( Unsere Mütter, unsere Väter) und Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt ( Gladbeck, Das Programm) ist zwar keine drei Jahre alt, erinnert aber an fast schon vergessene Zeiten, in denen der Fußball noch durch Privatleute in Verruf gebracht wurde, und nicht durch Funktionäre in gut sitzenden Anzügen. Roth jedenfalls findet über Luka immer tiefer hinein in diese schummrige Welt aus verqualmten Spielhöllen und muffigen Umkleidekabinen, die auch seine wird; Lukas Familie bleibt misstrauisch, aber Pate ist man auf Lebenszeit.

Einen also muss Roth enttäuschen, wenn nicht Luka, dann seinen Chef. Der Zuschauer weiß in diesem zum Nägelkauen spannenden, düsteren Thriller nie, wer eigentlich die Oberhand hat, was wahr ist und was nur inszeniert - wie bei einem möglicherweise manipulierten Fußballspiel. Und die Auflösung gibt es erst in der 90. Minute.

Auf kurze Distanz , bis 14. Oktober in der ARDMediathek.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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