Smartphone-Streamingdienst:Kurz und knackig

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Folgen von maximal zehn Minuten, prominente Besetzung und ständig frische Themen: Der Streamingdienst Quibi will Serien speziell fürs Smartphone liefern und hat dafür viel Geld eingesammelt. Allerdings verlassen viele Führungskräfte das junge Unternehmen rasch.

Von Jürgen Schmieder

Eine Doku-Serie mit dem Basketballstar Steph Curry. Eine Reality-Show mit Reality-Ikone Kylie Jenner und dem Typen, der sich ständig in die Fotos des Kardashian-Jenner-Clans montiert. Eine Sendung über die Modebranche mit dem Model Tyra Banks. Eine, in der Justin Timberlake andere Sänger interviewt und Duette singt. Eine Grusel-Geschichte von Steven Spielberg. Und dies. Und das. Und mehr. Das ist das Programm des neuen Streamingdienstes Quibi, der im April in den USA startet.

Viele Inhalte, möglichst frisch, auf jeden Fall kurz. "Quibi" steht für "Quick Bites", schnelle Schnipsel, und das von der einstigen Ebay- und Hewlett-Packard-Chefin Meg Whitman und Dreamworks-Gründer Jeffrey Katzenberg initiierte Streamingportal soll genau das sein: eine Abkehr von der Strategie des "Slow Burning", also des langsamen Geschichtenerzählens, bei dem sich viele Zuschauer mittlerweile wünschen, dass die Produzenten doch bitte mal ein Stück Holz nachlegen mögen, weil sich manch eine Serie gar so zieht.

Die Folgen der Shows sollen nicht länger als zehn Minuten dauern

Die Folgen der Shows sollen nur in Ausnahmefällen länger als zehn Minuten dauern. Doch Kürze scheint auch bei den Arbeitsverhältnissen der Mitarbeiter angesagt zu sein. Gerade hat Diane Nelson, verantwortlich für die Umsetzung der Inhalte, ihren Abschied nach gerade mal zehn Monaten verkündet - davor hatten schon Content-Managerin Janice Min und Tim Connolly, die Verantwortliche für Partnerschaften und Werbung, das Unternehmen verlassen.

Quibi hat mehr als zwei Milliarden Dollar von namhaften Investoren wie Disney, NBCUniversal, Viacom, WarnerMedia, Sony Pictures Entertainment and Lionsgate eingesammelt und gilt für Kreative als attraktiv, weil sie kurze Schnipsel produzieren können, und dabei ihren Hobbys (die Autorin Lena White kreiert eine Show über Sneakers) frönen oder Abenteuer (Schauspieler Zac Efron reist mit seinem Bruder ohne Geld um die Welt) erleben dürfen. Zudem bekommen sie zwei Jahre nach Erstausstrahlung die Rechte an den Sendungen zurück und dürften diese weiter verkaufen.

Es heißt, dass 2020 ein prägendes Jahr für die Streamingbranche werden dürfte. Marktführer Netflix muss nicht mehr nur die Konkurrenten Hulu und Amazon Prime abwehren, sondern auch die Dienste traditioneller TV-Sender wie HBO, CBS oder NBC. Dazu gibt es Sportportale wie zum Beispiel DAZN oder ESPN+, und natürlich gibt es die Versuche von Disney, Facebook und Apple, ein möglichst großes Stück vom Streamingkuchen zu bekommen. Die Kasse dieser Unternehmen ist prall gefüllt, Apple etwa hat gerade 25 Millionen Dollar dafür bezahlt, das Leben der Popsängerin Billie Eilish zu verfilmen.

Quibi drängt also in einen Markt, der hart umkämpft ist und bald gesättigt sein dürfte. Es gibt bereits US-Studien, die zeigen, dass die Leute langsam merken, dass sie mehr als 200 Dollar im Monat bezahlen, wenn sie alle Portale abonnieren - und dass sie dann dafür nicht sehr viel gucken.

Davon will Quibi mit dem Viel-Frisches-und-Kurzes-Programm profitieren. Der angekündigte Preis von fünf Dollar pro Monat liegt deutlich unter dem der meisten Streamingportale, die Sendungen sollen explizit für Mobiltelefone kreiert werden.

Das Startup ist ein interessantes, aberauch ein riskantes Experiment. Die Trennung von hochrangigen Mitarbeiterinnen einige Monate vor dem Start erhöht jedoch nicht gerade das Vertrauen.

Was hilft: optimistische Zahlen. Kürzlich verkündete Quibi, sämtliche Werbepausen für das kommende Jahr im Wert von 150 Millionen Dollar verkauft zu haben.

© SZ vom 03.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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