Schmähgedicht:Nächste Runde

Jan Böhmermanns Anwalt hat im Rechtsstreit mit Recep Tayyip Erdoğan Berufung eingereicht. Bis zur Verhandlung wird es aber wohl noch dauern.

Von Annette Ramelsberger

Der Fernsehsatiriker und Grimme-Preisträger Jan Böhmermann () will sich nicht damit abfinden, dass das Landgericht Hamburg sein "Schmähgedicht" auf den türkischen Präsidenten Erdoğan zum Großteil verboten hat. Böhmermanns Anwalt Christian Schertz hat am Freitag Berufung gegen die Entscheidung eingelegt. "Herr Böhmermann wird die durch das Urteil erfolgte Einschränkung seiner Grundrechte nicht akzeptieren", sagte Schertz der SZ. "Man kann ein Kunstwerk nicht in Einzelteile sezieren." Von 24 Versen darf Böhmermann nur noch sechs vortragen. Er hatte in seiner Sendung satirisch erklärt, wie man Erdoğan kritisieren darf und wie nicht. Dabei hatte er abstruse sexuelle und von Kritikern als rassistisch empfundene Klischees bemüht. Das Landgericht Hamburg hatte ihm diese Beleidigungen im Februar untersagt: Auch Erdoğan müsse sich nicht alles gefallen lassen.

Schertz erklärte, das Gericht habe den aktuellen Gesamtkontext nicht berücksichtigt. Erdoğan schränke die Grundrechte in der Türkei systematisch ein und lasse Kritiker und Journalisten inhaftieren. "Das übersteigerte Ehrempfinden" Erdoğans dürfe ebenso wenig zum Maßstab des deutschen Rechtsstaates werden wie persönlicher Humorgeschmack oder strategische Erwägungen der Politik. Die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Hamburg wird vermutlich erst in Monaten stattfinden. Die zuständige Kammer gilt als chronisch überlastet.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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