Relaunch:Flächenstart

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Die "taz" hat ihr Layout radikal verändert. Nun hat sie viel Platz für eigene Geschichten - schon auf der Titelseite. Doch der "'taz-Moment" ließ in der ersten Woche auf sich warten.

Von Jens Schneider

Die Macher des Blattes um Chefredakteur Georg Löwisch nennen es selbst gern den " taz-Moment": Gemeint ist der Augenblick der Überraschung und der Freude, den die Berliner tageszeitung oft mit ihrer Seite Eins auslöst. Die 1979 als alternatives Projekt gegründete taz hat sich mit hintersinnigen oder albernen, manchmal irren Überschriften einen Namen gemacht. Gelungene Titel wurden ausgeschnitten, herumgereicht, an die Wand gepinnt, um den Spaß zu verlängern. Seit Anfang Oktober will die taz den besonderen Moment nun auf großer Fläche erzeugen, und die erste Woche im neuen Gewand hat erst mal gezeigt, wie schwer so was sein kann.

Mit einem Relaunch der Werktags- und Wochenendausgabe hat die Redaktion das Gesicht des Blattes - verkaufte Auflage: 48 000 Exemplare - so radikal verändert, dass man es kaum noch als taz erkennt. Von der Wildheit der Anfangsjahre ist die Rede, man möchte einzigartig sein, so formuliert es Löwisch. Ohne Kurzmeldungen, dafür mit längeren eigenen Geschichten und großer Aufmachung, etwa der "Nahaufnahme" über zwei Seiten, will die taz als gedruckte Zeitung interessant bleiben in einer Zeit, in der die Leute aktuelle Nachrichten schon im Internet finden.

Große, eigene Geschichten lang erzählen - die Idee ist gut und wohl auch deshalb nicht neu. Viele Zeitungen setzen schon darauf, was die neue taz deshalb auch nicht besonders originell erscheinen lässt. Vor allem aber hat die Idee einen Haken: Ein großer Auftritt muss schon echte Größe haben. Fläche allein reicht da nicht, weder in gedruckten Buchstaben, noch mit schlicht riesigen Fotos oder Montagen. Es genügt auch nicht, das veränderte Logo auf dem Titel mit dem Namen des Wochentags anzuschneiden, das ist nur Spielerei mit dem Design. Für die überzeugende Größe bräuchte die taz noch bessere Ideen, Texte und vor allem Bilder als bisher, zumindest aber müsste sie die bewährte Originalität im neuen Gewand umsetzen.

Es gab in dieser ersten Woche kleine Perlen. Aber gerade die Titelseiten waren weder verstörend noch kantig - eben nur großflächig angelegt, am Freitag etwa mit einer gewaltigen Fototapete, an deren Rand Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro steht, begleitet von der Titelzeile "Gute Unterhaltung!". Genau darauf wartet man jetzt, oder präziser gesagt: auf den besonderen, auf den "taz-Moment" im neuen Gewand.

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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