Rauswurf:Ratschläge für die AfD

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Die "Welt" trennt sich von ihrem Redakteur Günther Lachmann, der sich der Partei als Berater angedient haben soll. Zum Bruch führten Mails an eine AfD-Sprecherin aus dem Sommer, die mit seiner Rolle als Journalist nicht vereinbar seien.

Von Jens Schneider

Der Vorwurf berührte ein Grundprinzip des Journalismus: Ende Januar veröffentlichte der AfD-Politiker Marcus Pretzell auf seiner Facebook-Seite einen langen Text über den Welt-Redakteur Günther Lachmann. Der berichtete für die Zeitung seit Langem intensiv über die AfD. Pretzell ist AfD-Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, Europaabgeordneter und der Lebensgefährte der Parteichefin Frauke Petry. Er behauptete nun, dass Lachmann sich dem Vorstand der AfD als Berater angeboten habe. Lachmann habe von der AfD dafür 4000 Euro monatlich bekommen und zugleich weiter für die Welt arbeiten wollen. Das Geld sollte laut Pretzell über Umwege gezahlt werden. Der AfD-Politiker schrieb auch, weshalb er Lachmann öffentlich anging: Nachdem die Parteiführung das Angebot abgelehnt hätte, sei keiner von Lachmanns Artikeln "ohne herabwürdigende Bemerkungen" über die Parteichefin Petry ausgekommen. Drei Wochen später hat sich das Blatt jetzt von Lachmann getrennt.

Welt-Chefredakteur Stefan Aust twitterte die Nachricht am Samstag, ohne Begründung. Ein Springer-Sprecher bestätigte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Noch Ende Januar hatte der Verlag am Tag nach dem Facebook-Eintrag von Pretzell die Vorwürfe in einer knappen Erklärung zurückgewiesen. "Wir prüfen rechtliche Schritte", teilte ein Sprecher mit. In der letzten Woche machte Springer bekannt, dass Lachmann den AfD-Politiker Pretzell "unter Fristsetzung auf Unterlassung abgemahnt" habe. Der Verlag schien hinter seinem Angestellten zu stehen.

Zum scharfen Schnitt führten nun offenbar E-Mails, die Lachmann im Sommer 2015 an Pretzells Pressesprecherin gesandt haben soll. Aus ihnen scheint hervorzugehen, dass der Welt-Redakteur der AfD schon konkrete Ratschläge gab. Mit diesen Mails unterfütterte Pretzell über seinen Anwalt offenbar die Vorwürfe gegen Lachmann gegenüber dem Verlag.

"Aus den Mails geht klar hervor, dass Lachmann der AfD eine Art Konzeptvorschlag für eine Neuausrichtung der Partei geschrieben hat", sagte Chefredakteur Aust der Nachrichtenagentur dpa. Das sei mit einer journalistischen Tätigkeit für die Welt nicht zu vereinbaren. Lachmann habe die Echtheit der Mails bestätigt. Zuvor habe er die Sache abgestritten und eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Lachmann äußert sich zu den Vorwürfen auch auf Nachfrage nicht.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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