Hörfunktipps:Griff nach den Sternen

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An Weihnachten laufen viele Hörspiel-Mehrteiler an. Jedes schildert auf seine Weise fantasievoll den Irrsinn der Welt.

Von Stefan Fischer

Das Schloss

Bayern 2, Samstag, 21.05 Uhr

Franz Kafkas Roman, 2016 kongenial als Hörspiel inszeniert von Klaus Buhlert: Devid Striesow spielt den Landvermesser K., der eine neue Stelle antreten soll. Der Roman blieb Fragment, spielt an sechs Tagen, ein siebter war wohl vorgesehen in dieser negativen Schöpfungsgeschichte: Nichts ward gut, niemand kann am Ende ruhen. Denn an den sechs Tagen zuvor ist nichts erschaffen worden. Eine irrwitzige Bürokratie verwaltet vom Schloss aus ein Dorf, ohne dass je eine Angelegenheit entschieden würde. Die Bewohner sind in eine fatalistische Trägheit versunken, zugleich verzehren sie sich nach Pöstchen und einträglichen Verbindungen. (Die weiteren Teile täglich von Sonntag bis Dreikönig, jeweils 21.05 Uhr. Am Freitag läuft, ebenfalls um 21.05 Uhr, zur Einstimmung das Werkstattgespräch Vom Process zum Schloss zwischen dem Regisseur Buhlert und dem Hörspiel-Dramaturgen Herbert Kapfer).

Gun Love

Hörspiel, RBB Kultur, Freitag, 19 Uhr

Selbst noch ein Kind, wird Margot schwanger. Würde der Vater bekannt, er müsste ins Gefängnis, wegen der Verführung einer Minderjährigen. Richtig erwachsen wird Margot nie, so sieht es jedenfalls Pearl, ihre halbwüchsige Tochter. Aus ihrer Perspektive erzählt Jennifer Clement diese Außenseitergeschichte, die Sabine Worthmann nun als Hörspiel-Dreiteiler inszeniert hat, mit Birte Schnöink als Pearl und Mira Partecke als deren Mutter. Die beiden leben in einem Trailerpark in Florida, aber nicht einmal einen Wohnwagen besitzen sie: Sie schlafen in einem Ford Mercury. Es ist ein Ort, den religiöse Rattenfänger und Waffenschmuggler beherrschen, an dem es aber trotzdem Liebe gibt. Und so halten sich hier Härte und Poesie die Waage, gibt es Hoffnung auch am Abgrund (Die weiteren Folgen am Samstag und Sonntag, 19 Uhr).

Mansfield Park

Hörspiel, SWR 2, Freitag, 18.20 Uhr und HR 2, Samstag, 14.05 Uhr

Das Theater ist ein Spiel, in dem die Menschen sich verstellen oder gleich zu jemand anderem werden können. Die Bewohner von Mansfield Park haben dieses Grundprinzip der Bühne jedoch nicht begriffen: Bei dem Versuch, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, demaskieren sich jede und jeder nach Kräften. Alle Eitelkeiten, jede Menge Herrschsucht, verborgene Sehnsüchte, und nicht zuletzt massive Verklemmungen werden sichtbar in einer langen, zentralen Passage des Gesellschaftsromans von Jane Austen. Iris Drögekamp hat den Stoff als Hörspiel in drei jeweils 90-minütigen Teilen inszeniert, mit einer starken Erzählerin, Sophie Rois, die den Rahmen aufzieht für die vielen wortgewandten szenischen Partien. (Die weiteren Teile am Samstag und Sonntag, 18.20 Uhr. Ebenfalls: HR 2, Freitag bis Sonntag, jeweils 14.05 Uhr).

Jenseits der Zeit

Science-Fiction-Hörspiel, WDR 5, Freitag, 15.05 Uhr

In der Zukunft, wie Cixin Liu sie schildert, ist der Mensch ganz Geist, Gehirne können ohne Körper existieren. Ob das die Menschheit rettet? (Foto: WDR/Trompetter)

Der Abschluss der gefeierten Trisolaris-Trilogie von Cixin Liu, nach Die drei Sonnen und Der dunkle Wald. Erneut hat Martin Zylka fantasievoll Regie geführt bei der sechsteiligen Hörspieladaption des komplexen Science-Fiction-Epos. Seit dem Ende des Mittelteils, in dem die Menschheit sich behaupten musste gegen eine überlegene fremde Spezies, ist ein halbes Jahrhundert vergangen. Die Menschen haben immense Fortschritte gemacht, Gehirne können mittlerweile außerhalb von Körpern existieren. Eines wird gemeinsam mit einer Raumfahrtingenieurin auf eine heikle Mission geschickt: Es gilt, die Zukunft der Menschheit zu sichern. Im Deckmantel eines Abenteuers verhandelt Cixin Liu elementare Fragen (Die weiteren Folgen täglich von Samstag bis Mittwoch, 15.05 Uhr, Wiederholung jeweils 22.05 Uhr).

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