NDR-Podcast über IS:"Er schickt die einfach zum Tod"

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Ein Bild ist alles, was in Hamburg von Bilal zurückbleibt. (Foto: Alexander Koerner/Getty Images)

In "Bilals Weg in den Terror" zeichnen NDR und RBB den Weg eines deutschen IS-Kämpfers nach. Die Redaktion erhofft sich dabei dieselbe Dynamik wie beim großen Vorbild "Serial" aus den USA.

Von Stefan Fischer

Die Leiche des 17-Jährigen befindet sich für seine Mutter, die Geschwister, die Freunde außerhalb jeder Reichweite. Wahrscheinlich liegen die sterblichen Überreste von Bilal in Syrien, womöglich aber auch im Irak. Eines von vielen Rätseln, das der Autor Philip Meinhold in seiner fünfteiligen Radio- und Podcastserie Bilals Weg in den Terror von NDR und RBB vor seinen Hörern ausbreitet. Eigentlich hat der Junge auch nicht Bilal geheißen, sondern Florent. Auf diesen Namen ist er getauft. Im Alter von 14 Jahren ist Florent zum Islam konvertiert und nannte sich fortan Bilal, nach dem dunkelhäutigen Weggefährten des islamischen Propheten Mohammed.

Die Redaktion hofft, dass während der Ausstrahlung noch weitere Hinweise zur Geschichte eingehen

Bilal, geboren in Zentralafrika, aufgewachsen in Hamburg nahe der Reeperbahn, hat sich als Jugendlicher dem "Islamischen Staat" (IS) in Syrien angeschlossen. Im vergangenen März hat der deutsche Verfassungsschutz eine Audiobotschaft des Jungen veröffentlicht. Darin beschreibt Bilal, wie ein Befehlshaber des IS seine Kämpfer ohne Strategie in Gefechte treibe: "Stürmt einfach nach vorne", habe der Befehl gelautet. Bilals entsetztes Fazit: "Er schickt die einfach zum Tod."

Zwei Monate später ist der Junge selbst tot. Ist er als Zweifler, als Verräter hingerichtet worden? Das ist einer der offenen Punkte. Die zentrale Frage aber, die Meinhold verfolgt, ist die nach den Gründen dafür, warum Bilal sich dem "Islamischen Staat" angeschlossen hat.

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Von den muslimischen Freunden und Gefährten Bilals hat sich keiner bereit erklärt, mit Philip Meinhold zu sprechen - bislang. Aus diesem Grund stellen NDR und RBB Bilals Weg in den Terror auch nicht gleich komplett zur Verfügung, anders etwa, als der NDR das mit seiner Podcast-Serie Der talentierte Mr. Vossen im vergangenen Jahr gemacht hat. Diesmal, so Ulrike Toma, Leiterin der Abteilung Radiokunst beim NDR, "erhoffen wir uns, dass sich aufgrund der ersten Folgen doch noch Menschen aus Bilals nahem Umfeld melden".

So hat das große Vorbild aller deutschen Podcast-Serien funktioniert, die US-amerikanische Erfolgsproduktion Serial. Und so sind der NDR bei Täter unbekannt und der RBB bei Wer hat Burak erschossen? bereits vorgegangen - in beiden Fällen ist die Hoffnung erfüllt worden, dass die Berichterstattung zu Reaktionen führt, die wiederum in die Berichterstattung einfließen.

Das serielle Erzählen von dokumentarischen Stoffen kommt bei den Hörern hervorragend an. Die Downloadzahlen liegen im sechsstelligen Bereich, bei Der talentierte Mr. Vossen waren es eine Viertelmillion Abrufe. Die Podcast-Serien tauchen überdies regelmäßig in den Top-Ten-Listen der Streaming- und Downloaddienste iTunes und Spotify auf. Sie finden also ein Publikum auch außerhalb des Radios, jenseits von UKW-Frequenzen und Sender-Websites. Für das öffentlich-rechtliche Radio ein wichtiger Faktor. Der NDR entwickelt derzeit einen ersten fiktionalen Stoff für eine Podcast-Serie.

Bilals Weg in den Terror , fünf Episoden, NDR Kultur, samstags, 8.30 Uhr; Kulturradio RBB, samstags, 9.04 Uhr; N-Joy, sonntags, 21 Uhr sowie Kurzfassungen auf Radio Eins RBB, freitags, 7.45 Uhr. Als Stream, Download und Podcast unter www.ndr.de/ndrkultur und www.kulturradio.de, als Podcast auch bei iTunes.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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