Olympia:Gewinner und Verlierer

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"Zwangsarbeit im reichsten Land der Welt": Arbeiter in Katar. (Foto: Helmut Walter/SWR)

Überteuerte Arenen, zerstörte Landschaften: Arte beschäftigt sich in einem Themenabend mit den Schattenseiten von großen Sport-Events wie Olympia und Fußball-WM.

Von RENÉ MARTENS

Sogenannte weiße Elefanten gehören zu den augenfälligsten Symptomen dafür, dass große Sportereignisse in den betroffenen Ländern volkswirtschaftliche Schäden nach sich ziehen. Der Begriff steht für eigens für Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften gebaute Sportstätten, die nach der Veranstaltung selten oder gar nicht mehr gebraucht werden. Insofern ist es nachvollziehbar, dass Arte als Auftaktfilm für seinen Themenabend "Rio 2016 - Streit um sportliche Großereignisse" eine Dokumentation mit dem Titel Die Spur der weißen Elefanten ausgewählt hat. Die Autorin Lourdes Picareta lässt Kinder den Begriff "weiße Elefanten" erklären, ehe sie auf einige Beispiele eingeht, etwa das für die Fußball-WM 2014 in Brasilien errichtete Stadion von Manaus, in dem nur vier Spiele stattfanden. Es beschert dem Steuerzahler Wartungskosten von 2,5 Millionen Euro pro Monat.

Picareta schweift im Verlauf des Films aber zu oft ab, es drängt sie, auf andere negativen Folge von Sport-Events einzugehen. Die Vernachlässigung des Breitensports in Rio, die explodierenden Kosten für Olympische Spiele in der jüngeren Vergangenheit, die "Abschlachtung" von 300 Demonstranten, die 1968 gegen Olympia in Mexiko protestiert hatten - gewiss alles erwähnenswert, aber angesichts des Titels hätte man sich gewünscht, die Autorin hätte sich ausführlicher mit ausgewählten weißen Elefanten beschäftigt.

Arbeit um jeden Preis: Nepalesen schuften für die WM in Katar, der zweite Film des Schwerpunkts (21.10 Uhr), ist stringenter strukturiert. Die Autoren Stefan Maier und Esther Saoub skizzieren nicht nur die lebensunwürdigen und vor allem lebensgefährlichen Bedingungen der "Zwangsarbeit im reichsten Land der Welt" (Sharan Burrow, Generalsekretärin der International Trade Union Confederation). Sie werfen auch einen Blick auf die Verhältnisse, die in der Heimat der 500 000 in Katar schuftenden nepalesischen Wanderarbeiter herrschen. Maier und Saoub haben mit einer Witwe gesprochen, die nun für Schulden aufkommen muss, die ihr verstorbener Mann bei einer dubiosen Agentur gemacht hat. Solche Vermittler spielen eine zentrale Rolle im Elend der Arbeitsmigranten. Die Gebühren, die sie von den Wanderarbeitern verlangen, sind illegal, aber das wissen ihre Klienten in der Regel nicht.

Auch Arbeit um jeden Preis hat Schwächen in der Umsetzung. Der Film ist enorm textlastig, wirkt manchmal wie ein bebildertes Radiofeature. Dabei haben Aufnahmen von WM-Großbaustellen oder der von Erdbeben gezeichneten Regionen Nepals durchaus eine gewisse visuelle Kraft, so zynisch das im zweiten Fall klingen mag. Maier und Saoub geben dem Zuschauer wenig Gelegenheit, solche Bilder auf sich wirken zu lassen. So lautet das Fazit zu diesem Arte-Themenabend: inhaltlich durchweg interessant, formal teilweise unbefriedigend.

Rio 2016 - Streit um sportliche Großereignisse, Arte, von 20.15 Uhr an.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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