Bis diesen Freitag war Florian Hager Chef eines Projekts, von dem nicht klar war, ob es je Wirklichkeit werden würde; nun steht fest: Das "gemeinsame Jugendangebot von ARD und ZDF im Internet" kommt. Jetzt könnte es sich auch lohnen, dem Kind mal einen anständigen Namen zu geben. Mit ihrer ungeteilten Zustimmung haben die Ministerpräsidenten am Freitag den surrealen Schwebezustand in Hagers Job beendet. Nun muss der 39 Jahre alte Gründungsgeschäftsführer, ohnehin schon ein Mann der großen Schritte, noch weiter beschleunigen: Starten soll die digitale Plattform für die 14- bis 29-Jährigen schon im Oktober 2016.
Die Novelle des Rundfunkstaatsvertrags wollen die Länderchefs im Dezember unterzeichnen. "Das ist ein guter Tag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk", sagte die Vorsitzende der Länder-Rundfunkkommission, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Freitag in Bremen. "Was lange währt, wird endlich gut", jubilierte der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor.
45 Millionen Euro Jahresbudget
Ursprünglich als crossmedialer Sender angelegt, wurde das Jugendangebot, das schon als politisch erledigt galt, nach langwierigen Debatten zwischen den ARD-Sendern, dem ZDF und der Medienpolitik im Oktober 2014 überraschend in ein reines Internetprojekt umgewandelt. Geplant ist ein "Content-Netzwerk" mit zentral gebündelten, aber auch auf Drittplattformen wie Youtube und Facebook verteilten Inhalten. Das Jahresbudget liegt bei 45 Millionen Euro, im Gegenzug sollen die Digitalkanäle Eins Plus und ZDF Kultur eingestellt werden.
Auf Kritik von Verleger- und Privatrundfunk-Verbänden reagierten die Länder mit Veränderungen am zur Diskussion gestellten ersten Entwurf der Staatsvertragsnovelle. So muss die Nutzung anderer Plattformen "aus journalistisch-redaktionellen Gründen" geboten sein. Außerdem müssen ARD und ZDF "Sorge tragen", dass Werbung und Sponsoring zu ihren Beiträgen auf Drittplattformen möglichst nicht stattfindet. Ein eigenständiges Hörfunkprogramm ist unzulässig.
Für die federführende Staatskanzlei Sachsen-Anhalt sind die zentralen Forderungen damit berücksichtigt. Das werde man nun prüfen, ließ Tobias Schmid, Vorsitzender des Verbandes privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), mitteilen. Er wiederholte, dass sein Verband "das eigentümliche Verfahren zur Beauftragung und Konkretisierung des Jugendangebotes durch die Länder für suboptimal" halte, und kündigte an, "auch noch einmal das direkte Gespräch mit den Anstalten suchen" zu wollen.
Die Befürchtung, das Onlineportal könnte den Wettbewerb verzerren, deckt sich zumindest nicht mit dem im September veröffentlichten Ergebnis eines Gutachtens, wonach kommerzielle Internetangebote in der angepeilten Zielgruppe lediglich in einem sehr geringen Umfang von drei Prozent Nutzer an das neue Jugendangebot verlieren.