Neues Format im Öffentlich-Rechtlichen:Wenn der Druck wächst

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"Sportschau Thema" will mit Talk und Reportage Hintergrund liefern. Gastgeberin wird Sportschau-Moderatorin Jessy Wellmer.

Von Jörg Marwedel

Tagesthemen-Anchorman Ingo Zamperoni war einer der Kandidaten, aber er hatte zu viele Termine. Jessy Wellmer, 39, die Moderatorin des ARD-Mittagsmagazins und der Sportschau, hatte etwas mehr Zeit. Und da auch sie "Hintergrund kann", wie Sportkoordinator Axel Balkausky sagt, fiel die Wahl auf die gebürtige Güstrowerin als Gastgeberin des neuen Formats Sportschau Thema. Es hat am Samstagabend Premiere und soll sechsmal im Jahr ausgestrahlt werden.

Balkausky will mit dieser 60-minütigen Sendung, die im Studio elf im Bunker am Hamburger Millerntor aufgezeichnet wird, eine Lücke schließen und der Kritik entgegenwirken, dass bei der Live-Berichterstattung über den Sport viele kritische Aspekte meist außen vor bleiben. Die Sendung soll eine Mischung aus Gespräch und Reportage sein, was es bisher noch nicht gab, aber kein "konfrontativer Talk", wie Balkausky angibt. Deshalb wurde mit Wellmer auch "keine Schreierin" verpflichtet, sagt er. Eine Quotenvorgabe soll es nicht geben für diese Sendung, die gemeinsam vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) und der Firma "Beckground" des TV-Moderators Reinhold Beckmann produziert wird.

Das Thema der ersten Sendung: Wie geht man im Leistungssport mit Druck um? Drei Sportler sind eingeladen: die EM-Silbermedaillengewinnerin im Sprint, Gina Lückenkemper, die behauptet, Druck interessiere sie überhaupt nicht; Iron-Man-Sieger Jan Frodeno, der sagt, er habe sich mit Hilfe von Psychologen aus Krisen gekämpft und sei inzwischen so weit, dass er Beistand nicht mehr brauche; und der ehemalige Fußball-Nationaltorwart René Adler, der gerade mit 34 Jahren seine Karriere bei Mainz 05 auch wegen seiner vielen Verletzungen beendet hat und darüber sinniert, inwiefern auch sein Seelenleben mit den Verletzungen zu tun hatte. Zum Beispiel als er sich 2010 vor der WM eine Rippe brach und deshalb Manuel Neuer die Nummer eins im Nationalmannschaft-Tor wurde.

Dazu kommt der Sportpsychologe Jan Mayer, der bei der TSG Hoffenheim den Umgang mit Druck quasi trainiert. Holger Geschwindner, der Dirk Nowitzki beibrachte, wie man den inneren und äußeren Druck abbaut, kommt ebenso zu Wort wie der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt. Auch Drogen sind ja ein Ausdruck von Zugzwang im Leistungssport. Zudem wird eine Familie begleitet, bei der drei Söhne allesamt Torhüter wurden und in Nachwuchsleistungszentren an ihrer Karriere arbeiten.

Zumindest die erste Sendung werde "sehr menschlich", glaubt Jenny Wellmer, die auf offene Gespräche setzt, die auch eine "lebensberatende Funktion" haben sollen. Auf jeden Fall wird nicht generell der Fußball im Mittelpunkt stehen, obwohl das ja auch eine Möglichkeit wäre, die geschrumpften Fußball-Rechte der Öffentlich-Rechtlichen auszugleichen. Nein, sagt Axel Balkausky, das Format solle kein Ersatz für entgangene Fußball-Übertragungen sein. Vielmehr sei das Ziel, dass der Zuschauer mit einem Erkenntnisgewinn auf dem Sofa sitze.

Sportschau Thema , ARD, Samstag 18.25 Uhr.

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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