Neue Magazinbeilage:Meditation in Mitte

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Das Magazin Tagesspiegel Berliner liegt an diesem Samstag dem Tagesspiegel bei. Künftig soll es in unregelmäßigen Abständen erscheinen, das nächste Mal im März. (Foto: N/A)

In "Tagesspiegel Berliner" geht es auf 80 Seiten um "Weltrettung und Schönheit, um Nacktheit und Aufbruch, um Sicherheit und Freiheit".

Von Jens Schneider

Am Wochenende kommt die Zeit der nutzlosen Neugier. Ohne Zweck und ohne Ziel lässt man sich beim Lesen zu Menschen und Geschichten hinziehen. Sie werden wichtig, hinterlassen Spuren. So wie "Nr. 13". Die junge Frau ist aus ihrer Heimat geflüchtet und im August 2014 in Libyen auf ein Boot gestiegen, es kenterte, sie ertrank. Im Magazin Berliner wird erzählt, wie ein italienischer Hauptkommissar vergeblich versuchte, den Namen der Frau zu finden, die nach Europa wollte.

In den vergangenen Jahren sind häufig neue bunte Zeitschriften gegründet worden. Bei einigen ist es kein Schaden, wenn sie bald vergessen werden; diese wünscht man sich bald fortgesetzt: Am Samstag liegt dem Tagesspiegel zum ersten Mal das Magazin Berliner bei. Es gehe auf den 80 Seiten "um Weltrettung und Schönheit, um Nacktheit und Aufbruch, um Sicherheit und Freiheit, um Smartphones und Vielfalt", wird angekündigt. Es ist das Gute an diesem Magazin, dass es mehr hält, als diese Leerworte versprechen. Es gibt weitere Geschichten, die der nutzlosen Neugier Nahrung geben: die Ode an den CDU-Politiker Peter Altmaier, eine Foto-Reihe, die vier schwule Männer nackt zeigt, die in Berlin leben, wo sie sich frei fühlen - starke Bilder, wie auch bei der Modereihe "Acht Frauen".

Aber wie viel Berlin ist im Berliner? Man spürt vor allem jenes Berlin, das mit überdrehter Extravaganz gelegentlich in der Stadtmitte auftaucht. Passend dazu gibt es einen Seufzer in Form eines Textes, der aufruft, den Schund der Touristenfallen, Bratwurstbuden, Trabisafari-Agenturen und Pelzmützenstände aus Berlin zu verbannen. Als Food-Empfehlung wird ein in Prenzlauer Berg zu erstehender "Ramen Burger" gezeigt, der seine Wurzeln in den USA, Japan und Korea hat.

Eine Rubrik hat Klassiker-Potenzial. Ein "Dr. Om" bietet kleine Meditationen zu großen Fragen des Lebens an wie: "Was soll ich mit meiner Wut tun?" Es gibt auch eine fröhlich gemeinte Lebensberatung zum Umgang mit zu vielen neuen Apps. Da möchte man lieber richtige Sorgen haben. Das Heft soll künftig unregelmäßig erscheinen. Vielleicht kann Dr. Om für die nächste Ausgabe eine Entspannungsmeditation entwickeln für Leser, die sich mit derlei Nöten plagen - und der Berliner sich umso mehr wieder der nutzlosen Neugier widmen.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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