Neue Doku-Soap:Ganz Hecht

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Der Mitteldeutsche Rundfunk erzählt in "Fang mich, wenn du kannst!" fünf Folgen lang vom Angeln. Aber weder ein 70-Zentimeter-Hecht oder ein Kormoran noch die sympathische Protagonistin können verhindern, dass das Ganze etwas ins Längliche gerät.

Von Cornelius Pollmer

Das Angeln gehört zu jenen Bereichen der Normalmenschenfreizeit, die gemessen an ihrer Verbreitung im Land zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Allein der Deutschen Anglerfischerverband, der - natürlich! - selbst als e.V. organisiert ist, vertritt etwa 9000 Vereine, aus Platzgründen nur stellvertretend gegrüßt seien an dieser Stelle die Angelfreunde Huckarde-Rahm 1986, der ASV "Petri Heil" Klein-Auheim sowie die Wassersportfreunde aus Hamm. Angeln ist Volkssport, und der MDR legt den Begriff des "Vollprogramms" nur umsichtig und konsequent aus, wenn er den Anglern und dem Angeln von diesem Montag an eine tägliche, fünfteilige Reihe widmet.

Vieles wäre mit so viel Sendefläche vorstellbar gewesen: ein gründlicher Blick in die Natur und deren vielfältige Gefährdung durch den Menschen. Auch eine Erörterung politischer Fragen des Angelns hätte genug Stoff hergegeben. Eine solche Frage wird in der Dokusoap Fang mich, wenn du kannst! gerade noch angerissen, nämlich in Gestalt des Kormorans. Die Anglerverbände Ost und West hatten dank des einenden Widerstands gegen den Vogel 2013 endlich die fischereideutsche Teilung überwunden und waren fusioniert. Die Doku des MDR erzählt dies nicht, sie zeigt stattdessen, wie Ilona Grüner an der thüringischen Saalekaskade, der bundesweit größten Stauseeregion, einen Vergrämungsschuss gegen den Kormoran abgibt. Die Vögel steigen auf, die Konkurrenz der menschlichen Angler ist damit vorläufig vertrieben. Dieser Schuss gehört zum aufregendsten Geschehen der ersten Sendestunde, und das wäre nicht schlimm, wenn die einzelnen Ausgaben die sonstige Ruhe des Angelns aufrichtig suchten und zuließen. Sympathische Protagonisten wie eben die hauptberufliche Fischereiaufseherin Grüner ("Wer saures Bier mag, mag auch mich") hätten eine wohltemperierte Introspektion des Anglerwesens durchaus hergegeben. Stattdessen aber baut der Heimatsender MDR die Ausgaben so, wie es in den schwierigeren Phasen der Serie Homeland läuft: Fast eine ganze Folge lang wird insinuiert, es werde am Ende noch etwas Krasses passieren, weswegen der Zuschauer bitte aus- und durchhalten möge, dass vorher fast nichts passiert. Bei Homeland fliegt dann oft wirklich noch ein amerikanischer Soldat oder ein arabischer Vielleicht-Terrorist in die Luft, bei Fang mich, wenn du kannst! besteht der Höhepunkt darin, dass Grüner mit ihren Töchtern den eben gefangenen Hecht vermisst (70 Zentimeter). So gerät das Gesamtwerk etwas länglich, was aber, noch einmal, weder dem Hecht noch Frau Grüner anzulasten ist. Mehr der Art und Weise, wie von beiden erzählt wird.

Fang mich, wenn du kannst! , MDR, Montag bis Donnerstag und Samstag jeweils 19.50 Uhr.

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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