Musiksendung:Zuckerfee auf Speed

Lesezeit: 2 min

Aufgeregter Mitspieler und Moderator: Wigald Boning singt manchmal sogar im Chor. (Foto: ZDF und SRF/Condorfilms)

Wigald Boning lässt beim Kultursender 3sat Rockmusiker Klassik interpretieren. Ganz neu ist die Idee allerdings nicht.

Von Harald Eggebrecht

Ob sich Jacques Loussiers Jazz-Trio oder die Swingle Singers an Werken von Johann Sebastian Bach zu schaffen gemacht haben, Bachs Musik hat das locker und ohne Schaden ausgehalten. Wigald Bonings freundliche Versuche richten ebenfalls nichts an, wenn ausgesuchte Stücke klassischer Musik auf Rock- und Punkbands wie La Brass Banda oder die Schürzenjäger treffen. In der 3-Sat-Reihe Rock the Classic hat Boning für jedes Stück einen Profi aus der Klassik-Szene dabei, der den Rockmusikern das Stück vorstellt, erläutert und bei der Umsetzung mitspielt. Die Bands sollen eigene Versionen der Musik erarbeiten. Nicht die Vorlage imitieren, auch nicht nur das Thema variieren - sondern die Substanz des Originals in der Klanglichkeit der jeweiligen Band transportieren.

Kurze Rückblende: In den frühen Siebzigerjahren waren es vor allem Emerson, Lake and Palmer, die sich mit Kompositionen unter anderem von Béla Bartók, Leoš Janáček und, legendär, von Modest Mussorgski beschäftigten. Ihre Fassung der Bilder einer Ausstellung von Mussorgski als Pictures at an Exhibition gehört nicht nur zu den berühmtesten Rock-meets-Classic-Ereignissen, sondern bleibt eine höchst eigenständige Version, die Mussorgskis ursprünglichen Klavierzyklus pointiert in die Klangwelt der Gruppe umsetzt und den Vergleich mit den Standard-Instrumentationen von Nikolai Rimski-Korsakow oder Maurice Ravel in keinem Moment zu scheuen braucht.

So weit und ambitioniert treibt es Boning nicht, der als aufgeregter Moderator und Mitspieler durch die sechs Folgen führt. Wenn die neue Fassung etwa von Mozarts Dies irae aus dem Requiem von La Brass Banda und dem Mozartchor Salzburg aufgeführt wird, singt er fleißig im Chor mit. Und beim Tanz der Zuckerfee aus Peter Tschaikowskys Nussknacker-Ballett, mit dem die Tiroler Alpenrockgruppe Schürzenjäger sich auseinandersetzt, legt Boning ein deftiges Querflötensolo hin.

Die halbstündigen Sendungen sind dort am Besten, wo der Klassikprofi mit den Rockern zusammentrifft und dann gemeinsam an der Umsetzung gefeilt wird. Doch allzu rasch wird aus diesem spannenden Prozess des Ausprobierens und Lösungfindens ausgeblendet. Auch die vollendete, live aufgeführte Neufassung wird nie ganz gezeigt, so dass nie ein Gesamteindruck entstehen kann. Dass Boning auch Basiswissen zu den Komponisten und den Stücken liefert, auch Örtlichkeiten wie das Mozarthaus in Salzburg besucht, versteht sich von selbst. Der Spaß, den alle Beteiligten an diesem Experimentieren haben, und der unverhohlene Respekt, den sich die Musiker der verschiedenen Richtungen gegenseitig zollen, teilt sich unbeschwert mit.

Rock the Classic! , 3 Sat, von 28. November an in Doppelfolgen samstags um 21.45 Uhr.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: