Medien in den USA:"Bis auf Weiteres bleiben wir hier"

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Der Klatschblog "Gawker" meldet nach dem Rechtsstreit mit dem früheren Wrestler Hulk Hogan Insolvenz an. Klein beigeben will "Gawker"-Chef Nick Denton deswegen aber noch nicht.

Von Karoline Meta Beisel

Am Sonntag war der Homepage nichts anzusehen. Die Schießerei in Orlando, bei der es am Sonntag viele Tote gab, war am Nachmittag auch bei Gawker die wichtigste Geschichte. In der Redaktion dürfte das spannendste Thema derzeit ein anderes sein: Der amerikanische Klatschblog hat Insolvenz angemeldet und Gläubigerschutz beantragt. "Mit diesem Plan kann Gawker weiterarbeiten", hieß es am Freitag auf der Webseite. "Allerdings müssen wir die Firma verkaufen."

Gawker steckt in finanziellen Schwierigkeiten, seit der ehemalige Wrestler Hulk Hogan im März von einem Gericht in Florida Schadenersatz in Höhe von 140 Millionen Dollar zugesprochen bekam: Die Seite hatte ein Sexvideo von Hogan veröffentlicht. Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass der deutschstämmige Investor und Pay-Pal-Mitbegründer Peter Thiel Hulk Hogan in dem Rechtsstreit finanziell unterstützt hatte. Viele sehen Rache als Motiv für Thiels großzügige Prozesshilfe: Gawker hatte Thiel vor Jahren als homosexuell geoutet. Der Milliardär selbst sagte dazu, ihm gehe es lediglich um "Abschreckung".

Auch wenn es nun so aussieht, als könne Thiels Plan aufgehen, will sich der Klatschblog nicht geschlagen geben. Gawker-Chef Nick Denton schrieb auf Twitter: "Auch mit seinen Milliarden wird Thiel unsere Autoren nicht zum Schweigen bringen."

Denton ist durch den Rechtsstreit zu einem unerwarteten Märtyrer für die Pressefreiheit geworden. Gawker ist nicht eben für zurückhaltende Berichterstattung bekannt. Beobachtern bereitet es aber Sorge, dass ein wütender Milliardär ein Medium mit seinem Geld mundtot machen kann. Immerhin: Auch Gawker hat mittlerweile einen finanzkräftigen Unterstützer gefunden. Ebay-Gründer Pierre Omidyar, der sich inzwischen vor allem für investigativen Journalismus einsetzt, will Gawker in der Berufung zur Seite stehen, wenn auch offenbar nicht mit Geld. Stattdessen will er andere Medien bitten, sich mit Briefen an das Gericht auf Gawkers Seite zu schlagen.

Mit dem Gläubigerschutzantrag hat Gawker Zeit gewonnen. Man wolle einen Käufer für die Firma suchen und mit den Verkaufserlösen den Berufungsprozess gegen Hogan finanzieren, hieß es auf der Webseite. Es gebe sogar schon einen Interessenten: Man habe Verhandlungen mit dem Medienunternehmen Ziff Davis aufgenommen. Der Firma mit Sitz in New York gehören mehrere Technik-Blogs. "Möglich, dass sich Dinge ändern", hieß es bei Gawker, "aber bis auf Weiteres bleiben wir hier."

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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