Maria Ressa wieder frei:Eine Nacht auf der Polizeiwache

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Maria Ressa wird in Manila von Reportern umringt. (Foto: Bullit Marquez/AP)

Kritische philippinische Journalisten geraten zunehmend unter Druck.

Von Arne Perras

Maria Ressa hat die Nacht zum Donnerstag im Büro der philippinischen Bundespolizei NBI verbracht. In eine Zelle wurde sie nicht gesperrt, sie war umgeben von Anwälten und Kollegen. "Auf dem Stuhl hat Maria dann am Morgen doch noch zwei Stunden Schlaf gefunden", erzählt am Telefon ihre Kollegin Glenda Gloria, die nicht von der Seite ihrer Chefin gewichen war. Einige Stunden später dann hatte Ressas Antrag auf Kaution Erfolg, die Chefredakteurin des Online-Portals Rappler in Manila kam wieder frei. Doch der Schock über ihre blitzartige Verhaftung und eine Nacht im Gewahrsam des NBI sitzt tief. Der Fall Ressa macht deutlich, dass der Druck auf kritische Journalisten in den Philippinen immer weiter zunimmt.

Mit ihrer furchtlosen Art, Missstände und Menschenrechtsverletzungen aufzudecken, hat sich die 55-Jährige ganz ihrem demokratischen Auftrag verschrieben, aber sie hat damit nicht nur Freunde gewonnen, wie die letzten Wochen gezeigt haben. Die Verhaftung der Publizistin werteten viele als gezielten Versuch, die freie Presse im Land einzuschüchtern. Als Ressa, die viele Jahre lang für den Sender CNN berichtet hatte, am Donnerstag wieder freikam, klang sie so unbeirrt wie immer: "Meine Nacht im Büro des NBI erinnert mich daran, worum es hier geht: Machtmissbrauch und die Verwandlung des Gesetzes in eine Waffe. Hier geht es nicht nur um mich und Rappler. Die Botschaft, die die Regierung aussendet, ist klar: Schweige oder du bist der Nächste."

Schon seit November 2018 läuft ein undurchschaubares Steuerbetrugsverfahren gegen den Rappler, in dem sich Ressa als Geschäftsführerin verantworten muss, sie hat die Vorwürfe als konstruiert zurückgewiesen. Präsident Rodrigo Duterte will mit dem fragwürdigen Verfahren nichts zu tun haben, dies sei allein Sache der Justiz, ließ er erklären. Im jüngsten Fall geht es nun um einen Artikel von Ressa und einem Kollegen über mutmaßliche Verbindungen zwischen einem Geschäftsmann und einem Richter. Der ist sieben Jahre alt, erschienen, lange bevor Duterte die Wahlen gewann. Der Text ist Gegenstand einer Verleumdungsklage, doch ein Cyber-Crime-Gesetz, das derartige Fälle regelt, war erst vier Monate nach seinem Erscheinen in Kraft getreten. Es gibt große Zweifel daran, ob es rückwirkend überhaupt zur Anwendung kommen kann; dennoch ließ das philippinische Justizressort das Verfahren gegen Maria Ressa zu.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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