Making of:Lansing, eine Zombiezone

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Dr. Dr. Spies ist ohnmächtig geworden – was nicht alles passiert in Lansing, wo „Dahoam is dahoam“ dahoam ist. (Foto: BR)

Der BR verulkt seine Daily Soap "Dahoam is dahoam" in der sechsteiligen Satire-Serie "Akte Lansing". Im April wird sie im Fernsehen ausgestrahlt. Ein Blick in die irre Welt der Kultreihe.

Von Rudolf Neumaier

Eine der älteren Akteurinnen kann angesichts ihres Schaumwein-Pegels kaum arbeiten, und eine junge Kollegin kokst. Aber es kommt noch schöner: Der neue Pfarrer-Darsteller und der Schwarm der weiblichen Fans, der den Flori spielt, sind schwul. In der Drehpause fallen sie übereinander her wie ausgehungerte Tiger über rohes Fleisch. So schaut's aus am Set von Lansing, wo das Bayerische Fernsehen seine tägliche Seifenoper Dahoam is dahoam spielen lässt. Lauter Irre. Das Stammpublikum muss jetzt sehr, sehr stark sein.

Nach nunmehr 2285 Folgen lüftet der Sender die Akte Lansing, gewährt einen Blick in das Making of des Kultformats Dahoam is dahoam. Von diesem Donnerstag an ist die sechsteilige Serie als Stream in der Mediathek abrufbar, im April wird sie im Fernsehen ausgestrahlt. Der BR bezeichnet das Projekt als Satire. Im Großgenre der TV-Satiren muss man die Akte Lansing dem Spezialformat ambitionierter Trash zuordnen. Und die Darsteller machen dankbar mit: Wir spielen zwar Tag für Tag ganz normalen bayerischen Wahnsinn, sagen sie mit dem skurrilen Making of, aber wir können noch weitaus verrückter sein. Wollte ein Printmedium solchen Einfällen Paroli bieten, müsste es die Sportredaktion geheime Wünsche der Kollegen aus der Innenpolitik malen lassen und umgekehrt. Es wäre jedoch allenfalls für einen kleinen Teil der Leser interessant. So ist es auch bei der Akte Lansing - von kreativen Köpfen ein Akt der Liebe. Aber für Connaisseure.

Mystery trifft Leberkäse. Mit viel Senf. Feine Sache. Die Geschichte handelt von einem Betriebsprüfer mit doppeltem Doktorgrad. In Harvard und Tokio hat er das Wegrationalisieren gelernt, nun soll er für den Fernsehdirektor die Seifenoper unter die Lupe nehmen. Es geht um Einsparpotenziale bei der Chaostruppe in Lansing.

Stefan Murr ist die ideale Besetzung für diesen Überzeugungs-Controller mit Erbsenzähler-Anwandlungen. Wohl dem Sender, der über Ausgabenhüter mit solchem Ermittlungseifer verfügt. Der Lansing-Produzent hat laut Restaurantrechnung einmal zu oft Schabrackenwaran in Calvados bestellt - schon verdächtig. Die Geranien am Dorfplatz von Lansing sind echt? Geldverschwendung! Was seinerzeit Transsylvanien für Dr. van Helsing war, wird nun Lansing für Dr. Dr. Spies. Dem Widerstand gegen die Revision fällt der Requisiteur zum Opfer: Er wird ermordet, weil er dem Eindringling die Wahrheit stecken will. Eine höhere Macht hat das Ensemble im Griff. Ganz Lansing ist Zombiezone

Mit der Pointe am Ende trifft Drehbuchautor Georg Büttel zwei Ziele. Die Daily Soap ist und bleibt Valium fürs Volk. Und die Bayern hatten mit ihrem separatistischen Drall schon immer einen Knall. Politischer wird's nicht mehr. Aber immer verrückter.

Akte Lansing , von diesem Donnerstag an in der BR-Mediathek sowie am 4. und 11. April jeweils um 22.45 Uhr im BR (je drei Folgen am Stück)

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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