Magazin "Digital-Ratgeber":Kundendienst

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Neues aus dem Wort-und-Bild-Verlag: Der Digital-Ratgeber, der - anders als sein Titel vermuten lässt - ein Printheft ist. (Foto: Wort-und-Bild-Verlag)

Wenn die Apotheke zum Kiosk wird: Zur "Apotheken-Umschau" und deren Konkurrenz kommt nun der "Digital-Ratgeber". Wozu?

Von Helena Ott

Für Apotheker sind es harte Zeiten: Zum Jahreswechsel hatten Medikamente Lieferengpässe und konnten über Wochen nicht nachbestellt werden. Nun müssen sie wegen Corona Kunden beruhigen auf der verzweifelten Suche nach ausverkauftem Handdesinfektionsmittel. Es gilt also, weitere Unzufriedenheit zu vermeiden. Ein unterschätzter, aber nicht zu vernachlässigender Faktor ist dabei die aktuelle Apotheken-Umschau.

"Es gibt Kunden, die nichts kaufen, aber in die Apotheke kommen, um sich ein Heft abzuholen", sagt die Münchner Apothekerin Monika Kolb. Die Nachfrage der Leser hat dem Magazin eine Auflage von zuletzt 8,9 Millionen beschert, sie liegt damit in Deutschland auf Platz zwei hinter dem ADAC-Kundenblatt. Der Titel gehört zum Wort-und-Bild-Verlag aus Baierbrunn im Landkreis München.

Für Kunden ist die Zeitschrift kostenlos, der Apotheker zahlt; je nach Vertrag sind das um die 35 Cent pro Stück. 2005, als Monika Kolb die Münchner Mariahilf-Apotheke von ihrem Vater übernommen hatte, wollte sie die Apotheken-Umschau wegen der hohen Kosten abbestellen. "Das habe ich genau ein halbes Jahr durchgehalten", sagt Kolb. Sie beugte sich dem Druck der Nachfrage. Nun legt der Verlag nach.

In dieser Woche erscheint zum ersten Mal der Digital-Ratgeber - anders als der Name vermuten lässt -, ein neues Printheft mit zugehöriger Webseite. Auf 152 Seiten, die erste Ausgabe ist fast so dick wie ein Ikea-Katalog, befasst sich das Magazin damit, wie die Digitalisierung Apotheken, Arztpraxen und Krankenhäuser verändert. 650 000 Exemplare wurden gedruckt und bundesweit an Apotheken geliefert.

Das erste Heft ist für Apotheker kostenlos, es finanziert sich über eine Partnerschaft mit einem Softwarehersteller für Apotheken und über Anzeigen. Wenn es gut angenommen wird, soll im Herbst die nächste Ausgabe erscheinen. Die Entscheidung, ob es dann für Apotheker kostenlos bleibt, stehe noch aus, sagt Wort-und-Bild-Geschäftsführer Andreas Arntzen bei der Vorstellung der Zeitschrift in Berlin.

In der neuen Ausgabe des Digital-Ratgebers interviewt ein Medizinjournalist Gesundheitsminister Jens Spahn zur Frage, welche Veränderungen sein Ressort im Gesundheitswesen auf den Weg gebracht hat oder plant; es geht um digitale Rezepte oder die elektronische Patientenakte. Kritische Fragen, warum die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen so zäh verläuft, werden eher beiläufig abgefragt.

Der Digital-Ratgeber solle Kunden vor allem neugierig machen auf digitale Innovationen im Bereich Gesundheit und diese erklären, sagt Arntzen. Er selbst habe keine Datenschutzbedenken. Aber: "Wir wollen schon auch über die Downsides berichten", das gehöre zur journalistischen Qualität, aber der Fokus liege auf den Möglichkeiten der Digitalisierung.

Im Heft wird zudem erklärt, wie vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte geprüfte Apps künftig von den Krankenkassen verschrieben werden können und ein Neurologe erzählt von seinen Erfahrungen mit Telemedizin bei Multiple-Sklerose-Patienten. Auf ganzen zwanzig Seiten testen Experten Gesundheitsapps, etwa für Diabetiker, zur Behandlung von Depressionen bis Heuschnupfen.

Erst langfristig wird sich zeigen, ob es dem Wort-und-Bild-Verlag damit noch einmal gelingt, wieder einen Auflagenmillionär unter die Leute zu bringen. Kleinen Filialen aber dürfte langsam der Platz für Magazine ausgehen. Zumal die Kundenzeitschrift My Life der Apothekergenossenschaft Noweda und des Burda-Verlags Apotheken-Umschau seit einem knappen Jahr ordentlich Konkurrenz macht. Apothekerin Monika Kolb legt neun verschiedene Hefte in ihrer Filiale aus.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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