Hörspiel:Vom Streunen und Schnurren

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Wie viel Katze steckt in einem großen Schriftsteller? Kai Grehn macht William S. Burroughs' "The Cat Inside" auch dank David Bennent zu einem akustischen Erlebnis.

Von Stefan Fischer

Direkt, unverblümt, schonungslos - so sind die meisten Texte von William S. Burroughs. The Cat Inside ist anders. Verspielter, sanfter, auch rücksichtsvoller. Zumindest relativ zu seinem übrigen Werk gesehen. Burroughs schildert in der Kurzgeschichte ein Katzenleben - eine Allegorie, um über sich selbst schreiben zu können: The Cat Inside ist ein autobiografischer Text.

Kai Grehn hat dieses Spätwerk, es ist 1986 erschienen, und Burroughs war damals bereits über 70 Jahre alt, nun als Hörspiel inszeniert. Wie immer bei diesem Regisseur ist die Besetzung erstklassig: Grehn hat bereits Hörspiele mit Jeanne Moreau und Iggy Pop realisiert. Für The Cat Inside konnte er David Bennent gewinnen, den Peter-Brook-Schauspieler und Oskar-Matzerath-Darsteller aus der Blechtrommel-Verfilmung.

Bennent vermag es, einen heiseren, schneidend klaren und dennoch sympathischen Grundton zu erschaffen. Seine Stimme geht damit eine spannende Beziehung mit der Musik der Indietronic-Band Tarwater ein. Deren Sound für diese Produktion ist gleichermaßen rhythmisch wie melodisch, trotz ihrer Kälte auf eine angenehme Weise wehmütig. Teilweise gibt es darin Americana-Zitate, die jedoch ironisch gebrochen werden in Analogie zu Burroughs ambivalentem Verhältnis zu amerikanischen Traditionen.

Burroughs hält in der Schwebe, ob er über die Katzen schreibt, mit denen er lebt. Oder ob er sich ausmalt, wie es wäre, selbst eine von ihnen zu sein. Neigt man zur naheliegenderen, also der zweiten Annahme, entblättert sich vor einem ein streitbarer, störrischer, freiheitsliebender Charakter. "Dieser Kater würde mich wahnsinnig machen, müsste ich auf engstem Raum in einer Wohnung mit ihm zusammenleben", heißt es gleich zu Beginn. Burroughs hätte sich demnach selbst schwer ertragen als Kumpel, als Freund, als Partner.

Er schreibt übers Streunen, übers Kratzen wie übers Umschmeicheln, über den Eigensinn. Und macht in der zweiten Hälfte eine maximale Differenz auf: zwischen Katzen und Hunden. "An Wölfen und Kojoten in freier Wildbahn ist nichts auszusetzen", so Burroughs. "Ich bin kein Hundehasser. Ich hasse das, was der Mensch aus seinem besten Freund gemacht hat." Indem er die Tiere domestiziert habe, habe der Mensch sie zu seinem eigenen scheußlichen Ebenbild geformt: "unterwürfig, abgefeimt, selbstgerecht wie ein Lynchmob".

Da stellt Burroughs sich natürlich auf die Seite der Katzen, die sich letztlich nicht domestizieren ließen, und erhebt sich über die zähnefletschenden Hunde: "Eine zornige Katze ist wunderschön anzusehen, wie sich ihr Fell sträubt und die Augen Funken sprühen." So schnurrend The Cat Inside in seinem Duktus ist - da ist dann doch wieder unverkennbar der unverblümte, auch unversöhnliche Burroughs am Werk. Und Kai Grehn findet überzeugende akustische Lösungen für diese Diskrepanz.

The Cat Inside , SWR 2, Sonntag, 18.20 Uhr.

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