Kartellvorwürfe:Töchter bevorzugt

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Ein juristisches Gutachten wirft ARD und ZDF vor, ihre Marktmacht auszunutzen. Es geht um Kamera- oder Lichttechnikverleih, um Studiomieten - und, mal wieder, um die Bavaria Film GmbH.

Von Karoline Meta Beisel

In Geiselgasteig kommen sie nicht zur Ruhe. Erst im Juli durchsuchte das Bundeskartellamt die Bavaria-Studios im Münchner Süden, die Behörde ermittelt wegen des Verdachts wettbewerbswidriger Preisabsprachen bei der Vergabe von Produktionsaufträgen. Jetzt, keine zwei Monate später, bringt ein juristisches Gutachten neuen Ärger.

In dem Gutachten geht es um die sogenannten technischen Dienstleistungen, all die kleinen Aufgaben im Umfeld von Film- oder Fernsehproduktionen also, die nicht besonders glamourös klingen, ohne die aber kaum eine professionelle Produktion auskommt: etwa den Verleih von Kameras, die Miete von Studioflächen oder, nach dem Dreh, die Bearbeitung der gefilmten Bilder. Solche Dienstleistungen werden von privaten Firmen angeboten, aber eben auch von Tochterfirmen der öffentlich-rechtlichen Sender. Mauschelgerüchte hat es schon häufiger gegeben. Jetzt macht das Gutachten, das von der Konkurrenz, nämlich der Allianz Unabhängiger Filmdienstleister, in Auftrag gegeben wurde, den Anstalten mehrere konkrete Vorwürfe.

Erstens bevorzugten die Sender die hauseigenen Töchter bei der Auftragsvergabe. Das Gutachten sieht darin einen "missbräuchlichen Behinderungswettbewerb". Zweitens würden deren - angeblich nicht marktkonformen - Kostenvorschläge auch für die Beauftragung freier Filmdienstleister als Referenz herangezogen. Und drittens drängten die Dienstleistungstöchter der öffentlich-rechtlichen Anstalten auch bei freien Aufträgen mit besonders niedrigen Preisen auf den Markt. "Dadurch wird die Marktstruktur nachhaltig geschädigt und eine Monopolisierung betrieben", heißt es in dem Gutachten. Und weiter: "Marktzutritte werden unmöglich, Innovationen werden gehemmt."

Die jetzt vorgebrachten Vorwürfe sind andere als die, die das Kartellamt gerade bereits untersucht. Im schon laufenden Verfahren geht es um Absprachen, die den Markt verzerren. Jetzt wird den Anstalten und ihren Töchtern also vorgeworfen, dass sie ihre Marktmacht nutzen, um die Konkurrenz auszubooten.

Dem ersten Anschein nach richtet sich das Gutachten, das der Bayreuther Wirtschaftsrechtsprofessor Rupprecht Podszun verfasst hat, gegen alle öffentlich-rechtlichen Senderkonzerne. Tatsächlich aber wird als konkretes Beispiel immer wieder die Dienstleistungstochter der Bavaria Film genannt, die Bavaria Studios & Production Services GmbH, die dem Gutachten zufolge der wichtigste Anbieter solcher Dienstleistungen ist. Und auch die Conclusio der Schrift betrifft ganz konkret die Firma aus Geiselgasteig: "Das Verfahren sollte als Pilotverfahren eingeleitet werden gegen die Bavaria Film GmbH samt der mit dieser verbundenen Unternehmen." Teilaspekte beträfen zwar auch andere Firmen, etwa Studio Hamburg oder die Degeto, aber ein einziges Musterverfahren würde genügen - die übrigen würden sich nach einem entsprechenden Signal des Kartellamts dann auch marktkonform verhalten.

Bei der Bavaria hat man von dem Gutachten gehört. Es liege dort aber nicht vor, darum könne man keine Stellung nehmen. Ebenso antwortet der WDR, der neben BR, MDR und SWR den größten Anteil an der Bavaria hält. Und das Kartellamt? Nutzt die Ruhe, die in München gerade nicht einziehen mag. "Das Gutachten ist bei uns eingegangen", bestätigt der Sprecher. Und jetzt müsse man die Sache erst mal prüfen.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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