Im Fernsehen:Drache und Juchtenkäfer

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Eine Metapher? Ständig sind in dem Krimi Leute zu sehen, die im Kahn durch den Spreewald gleiten. Wie Nadja Uhl als Heimkehrerin Tanja Bartko. (Foto: Hardy Spitz/ ZDF)

Offenbar eine Menge Ideen im Notizbuch: In der neuen Folge des ZDF-"Spreewaldkrimis" kehrt Nadja Uhl heim und gerät in Ermittlungen, die zwischen windigen Geschäftemachern, animierten Fantasiefiguren und schützenswerten Insektenarten erfolgen.

Von Hans Hoff

"Der Spreewald hat so seine Geschichten, oder?", das sagt Tanja Bartko, die von Nadja Uhl gespielte Hauptfigur, und kurz danach kommt schon die nächste Floskel um die Ecke. Die darf dann der von Christian Redl gegebene Kommissar Krüger ausschwitzen. "Was ist schon die Wahrheit? Es gibt immer mehrere", muss er ihr mitteilen. Dazu schauen sich die beiden so oft lang und ausdauernd an, dass man als Zuschauer irgendwann auf die Sofakante klopft und ungeduldig ausruft: "Ja, wir haben es kapiert, die beiden verbindet etwas. Seelenverwandtschaft. Weiter bitte!"

Tanja Bartko ist zurückgekehrt in den Spreewald, wo in einer frühen Folge der Spreewaldkrimi-Reihe ihr Mann von ihrem Vater erschlagen wurde. Jetzt, da auch ihr Vater tot ist, will sie mit ihrem Sohn und ihrem neuen Lebensgefährten dort ein Wellness-Camp aufbauen, das nur mit dem Kahn zu erreichen ist. Diese Ambitionen enden gleich zu Anfang des Films, als ihr Anwalt tot aufgefunden wird und sie sagt, ihr Lebensgefährte sei der Täter, seitdem aber spurlos verschwunden. Dumm nur, dass der sterbende Anwalt dem Polizeiruf noch ihren Namen als letzte Worte anvertraut hat.

Es beginnt ein ziemlich wirrer Reigen von verschachtelten Rückblenden. Vor allem aber sind ganz oft Menschen zu sehen, wie sie im Spreewaldkahn durch den grau-grünen Spreewald gleiten. Mensch vor knorriger Natur, das soll wohl verdeutlichen, dass hier Welten kollidieren.

Leider verlässt sich Regisseur Jan Fehse nicht auf das natürliche Überangebot und baut noch den berühmten Drachen Plon ein. Der stammt aus dem sorbischen Sagenschatz und spukt im Kopf von Bartkos Sohn herum. Der sieht Plon zwischen den Bäumen, wie er seine Flügel schwingt, wie er irgendwann davonfliegt. Animiert ist das eher nett als einfallsreich.

Aber das spielt bald nur noch eine untergeordnete Rolle, weil man mit zunehmender Spieldauer den Eindruck nicht los wird, Autor Thomas Kirchner habe in diese elfte Folge der Reihe alles hineinpacken wollen, was er im Notizbüchlein hatte.

Was täte der deutsche Krimi ohne Heimkehrer, die dunkle Geheimnisse aufdecken?

Natürlich gehört dazu das Motiv der Heimkehrerin. Was würde der deutsche Krimi tun ohne Heimkehrer, die nach Jahren wieder an den Ort ihrer Jugend kommen und entdecken, dass es immer noch dunkle Geheimnisse gibt? Dazu kommt der verliebte und traumatisierte Kommissar, dem man ein vorurteilsfreies Ermitteln nicht mehr recht zutrauen mag. Auch reichlich abgelutscht. Dann braucht es noch ein paar windige Geschäftemacher, die Eingeborene hinter die Lampe führen wollen, Korruption und die in ihrer Existenz bedrohten Kahnfahrer. Ach ja, und den von Stuttgart 21 bekannten Juchtenkäfer, der dringend geschützt werden muss.

Etwa nach der Hälfte dieser kriminellen Ödnis kann man als routinierter Krimigucker leidlich sagen, wohin der Krimikahn fährt. Doch dann gleitet dieser gefühlt längste 90-Minüter der jüngsten Krimizeit quälend langsam weiter, denn schließlich hat ja der Spreewald so seine Geschichten, oder?

Spreewaldkrimi - Tödliche Heimkehr , ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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