Hörspiel:Wild Germany

Die New Yorker Theatergruppe Nature Theater of Oklahoma tobt sich im öffentlich-rechtlichen WDR-Radio aus: "Deutschland 2071" gewährt im Gewand einer Science-Fiction einen amerikanischen Blick auf dieses seltsame Land.

Von Stefan Fischer

Die Schauspielbühne genügt dem Nature Theater of Oklahoma offenbar nicht mehr. Die Truppe aus New York jedenfalls hat ihr erstes Hörspiel produziert - im deutschen Radio! - und gleich noch einen Film dazu, der am kommenden Sonntag im Funkhaus des WDR uraufgeführt wird. Das Hörspiel Deutschland 2071, eine Produktion des WDR in Kooperation mit dem Theaterfestival Impulse in Köln, ist doppelt bemerkenswert. Es belegt, wie attraktiv diese Kunstform unter den einzigartig professionellen Möglichkeiten in Deutschland sogar für Künstler ist, die gewöhnlich nicht in deutscher Sprache arbeiten. Zudem gewährt das Stück im Gewand einer Science-Fiction mit zufällig gewählten Laiendarstellern einen Blick aus amerikanischer Perspektive auf dieses seltsame Land.

Deutschland ist ein Dschungel, im bürokratischen wie im erderwärmten Sinn. In ihm gelten nun auch die Gesetze der Wildnis wie andernorts längst schon. Eine Revolution folgt der nächsten, die Menschen haben statt Gefühlen nur noch Emoji-Grimassen, beim Kannibalismus macht Deutschland nicht mit, hier werden schlechten Gewissens außerirdische Unterwesen gefressen. Schön an Deutschland 2071 ist, dass es mehr als ein kaum verhüllter Spiegel der Gegenwart ist und zu einer vergnüglichen Fantasterei wird. Die größte Gefahr, so viel Ironie haben die New Yorker, kommt aus den USA - und die sind sich dessen nicht einmal bewusst.

Deutschland 2071 , WDR 3, 19.04 Uhr.

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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