Hörspiel:Trotz der Wirrnis

Als Teil des HR-Bibel-Projekts inszeniert Theaterregiestar Robert Wilson "Tower of Babel" und schafft ein babylonisches Gesamtkunstwerk aus Sprachen und Textcollagen: wild und wüst, aber nie beliebig.

Von Stefan Fischer

Auch wenn seine Inszenierungen oft sehr sinnlich geraten: Der Regisseur Robert Wilson ist ein Berserker. Zum zweiten Mal nun verzichtet der Amerikaner auf Dinge, die ihm extrem wichtig sind, auf Licht, auf die Choreografie von Körpern, auf Bühnenbilder. Und packt alles in die Stimmen der Schauspieler und einen ausgetüftelten Sound. Nach Monsters of Grace II, 2014, ist Tower of Babel Wilsons zweites Hörspiel, womöglich entsteht da ein ausgeprägtes Audio-Alterswerk.

Tower of Babel ist Teil des Bibel-Projekts des HR, der für diese herausragende Episode neben SWR, NDR und RBB auch die BBC als Kooperationspartner gewonnen hat. Ausgehend von einer Bibelstelle, entwickeln die Stücke der Reihe eine Geschichte, die bis in die Gegenwart reicht. Robert Wilson beschränkt sich bei der Anverwandlung nicht allein auf die Erzählung, sein Hörspiel ist selbst ein babylonisches Gesamtkunstwerk. Es reflektiert die eigene Arbeit, den Versuch, ein Werk zu schaffen aller Wirrnis zum Trotz, die hervorgerufen wird durch die vielen verschiedenen Muttersprachen in seinem internationalen Ensemble und die diversen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Dann ist auch das Stück selbst vielsprachig, ein In- und Nebeneinander von einem halben Dutzend Sprachen. Und es ist eine Collage aus Texten von William Shakespeare, Heiner Müller, Christopher Knowles, Georg Büchner und etlichen anderen. Das ist wild und wüst, aber nie beliebig.

Tower of Babel , HR 2, Sonntag, 14.05 Uhr. SWR 2, 10. April, 18.20 Uhr. NDR Kultur, 13. April, 20 Uhr. Kulturradio RBB, 24. April, 14.04 Uhr.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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