Hörfunk:Szenen in der Radio-Nische

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Ego-FM-Moderatoren Sandra Gern und Max Klement. (Foto: Julian Wenzel)

Im Streit um den Ego FM-Verkauf gibt es offenbar Bedenken der Aufsicht.

Von Susanne Hermanski

Am vergangenen Freitagabend feierte Ego FM sein zehnjähriges Bestehen in Münchens interessantestem Club. Der "Blitz" im Deutschen Museum ist die Kathedrale der Audiophilen unter den Freunden der Tanzkultur. Der ideale Ort also für den Münchner Independent-Radiosender "für Musikentdecker", wie er sich selbst in seinem Claim nennt. Trotzdem war die Stimmung unter den Machern nicht so gut wie sie hätte sein können. Hinter den Kulissen tobt seit Monaten der Streit um die Übernahme eines großen Anteilpakets des kleinen Senders durch Antenne Bayern, den größten Privatsender des Freistaats.

Die Bayerische Landesmedienanstalt (BLM) müsste dem bisherigen Anteilseigner, der Radio Next Generation GmbH, die Unbedenklichkeit des Verkaufs ihrer Anteile an Antenne Bayern bestätigen, und steht seither unter Zugzwang. Denn ihre Aufgabe ist es, darüber zu wachen, dass nicht ein einzelner Privatradioanbieter eine Art Meinungsmonopol erlangt. Aus einem Schreiben, dass der Süddeutschen Zeitung vorliegt, geht hervor, dass seitens der BLM durchaus medienrechtliche Bedenken bestehen. Zu einer offiziellen Stellungnahme ist die BLM derzeit mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht bereit.

Jüngst bat die BLM viele Beteiligte an den runden Tisch zum Meinungsaustausch. Dazu geladen waren Vertreter der Initiative "Volle Bandbreite", die der Filmproduzent Sven Burgemeister gegründet hat, um für eine Medienlandschaft zu kämpfen, "in der auch kleinere, konzernunabhängige Radiosender ihre Nische finden und schützen können". Aufgrund der beinahe absurd verschlungenen Eigentumsverhältnisse in Bayerns Privatradioszene saß dort aber auch so mancher, der gleichzeitig als Anteilsverkäufer wie als Käufer infrage kommt.

Einer saß mit am Tisch, der bislang nur an einem einzigen Radiosender Anteile hält: Konrad Schwingenstein. Er war früher Mitgesellschafter des Süddeutschen Verlages, hat danach in verschiedene Digitalplattformen und in Ego FM investiert und würde dieses Engagement gern deutlich ausbauen. "Ich bin überzeugt davon, dass der Sender, auch wenn er allein steht, wirtschaftlich erfolgreich arbeiten kann", sagt er. Dafür seien Investitionen nötig, die er leisten wolle. Ob er zum Zug kommt, selbst wenn die nun verhandelten Ego FM-Anteile nicht an Antenne Bayern gehen dürften, ist ungewiss. Den Verkäufern steht schließlich, unabhängig von der BLM-Entscheidung frei, an wen und ob sie überhaupt ihre Anteile veräußern.

Nicht mit am Tisch, aber nicht gleichgültig der Entscheidung gegenüber ist der BR. Denn Bayerns öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt hat in seiner Radiosender-Familie ein Konkurrenzprodukt zu Ego FM. Es heißt "Puls" und Zielgruppe ist, genau wie bei Ego FM, die junge Avantgarde unter den Hörern. Der BR wollte Puls vor zwei Jahren dringend auf eine seiner UKW-Frequenzen bringen und nicht mehr nur digital anbieten, im Gegenzug hätte BR-Klassik von UKW weichen müssen. Nachdem die Entscheidung zunächst gegen alle Proteste von Klassikfans und privaten Mitbewerbern durchgesetzt worden war, verzichtete der BR vor einem Jahr überraschend freiwillig. Das könnte er jetzt bereuen, sollte der wichtigste Konkurrent unter den Privaten durch die Übernahme von Ego FM sein Portfolio derart interessant abrunden können, gerade gegenüber Werbekunden. Ego FM sendet in München und sechs weiteren bayerischen Groß- und Universitätsstädten über UKW.

Der BR gibt dazu derzeit noch keinen offiziellen Kommentar. Auch von den anderen privaten Sendern, die mit Argusaugen auf die Entscheidung der BLM blicken, ist bislang keiner aus der Deckung getreten.

Ob bei Ego FM ruhige Zeiten einkehrt, falls die Unbedenklichkeit eines Verkaufs an Antenne geklärt wäre, ist fraglich. In zwei Jahren wird in Bayern neu über die Frequenzvergaben entschieden. Wenn der Sender bis dahin wirtschaftlich nicht gefestigt ist, durch wessen finanzielles Engagement auch immer, wäre er womöglich wieder in Gefahr.

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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