Fernsehkritik:Volle Pulle

Lesezeit: 2 min

Seit Weise (Joachim Król) Witwer ist, bekommt er auch mal Polizeibesuch. (Foto: Reiner Bajo/dpa)

Ein netter Film mit einem absehbaren Läuterungsende: In "Endlich Witwer" lässt sich Joachim Król nach dem Tod seiner Ehefrau gehen. Aber nicht zu viel, wir sind ja hier beim ZDF.

Von Hans Hoff

Als Georg Weiser heimkommt und seine erste Grummelphase hinter sich hat, weil er sein Bier nicht im Kühlschrank lagern darf, hockt er sich motzend zu seiner Frau vor den Fernseher und eröffnet ihr ungefragt, dass er in die von ihr schon lange gewünschte Scheidung einwilligt. Als die Gattin nicht reagiert, versucht er es mit Sarkasmus. "Was soll das sein? Fernöstliche Meditation?", fragt er und wird dann kurz aus seiner cholerischen Routine geworfen, denn die Frau sitzt tot im Sessel, Todesursache egal, denn dies ist kein Krimi.

Weiser ist nun Witwer. Endlich, wie der Titel des Films verheißt. Er räumt alles weg, was ihn an die Verblichene erinnert und türmt das Gerümpel im Vorgarten zu einem alpengleichen Gebilde. Er kauft sich so viel Bier, wie in den Kühlschrank passt, und einen Riesenfernseher. Und er grantelt seine Kinder an, die ihm helfen wollen. "Es geht mir gut. Ich hab endlich meine Ruhe", sagt er - und lässt sich gehen. Er besprüht aus Wut über ein Parkknöllchen die nächste Hauswand, kifft in der Kirche und kriegt sich vor Lachen nicht mehr ein, als ihn die Polizei darum zur Ordnung ruft.

Joachim Król spielt diesen Georg Weiser, einen Kunstrasenfabrikanten in den Sechzigern, der gewahr wird, dass ihm vielleicht noch 20 Jahre bleiben. In denen will er nachholen, was ihm wegen des Diktats seiner Frau verboten war. Sein Ziel ist, sich gezielt verlottern zu lassen. "Ich brenn für den 1000. Krimi und fürs Pokalfinale. Das reicht", ranzt er einen wehmütigen Freund aus alten Tagen an, der ihn an all die Pläne erinnert, die sie einmal hatten.

"Endlich Witwer" ist ein Joachim-Król-Solo. Der darf hier die cholerische Sau rauslassen, den Misanthropen mimen, die seelische Trostlosigkeit auf zwei Beinen darstellen, was ihm aber leider nur so mittelgut gelingt, weil Król eben auch in den Momenten, da er besonders fies zu allen und sich selbst sein soll, nicht mal halb so ruppig wirkt, wie das seine Figur erfordert. Da bleibt immer dieses Knuddelige an Król. So garstig er sich auch gibt, er wird kein echter Fiesling, er bleibt immer eher einer, den man in den Arm nehmen möchte.

Deshalb verwundert es auch nicht, als eine resolute Haushälterin samt Sohn sein Eremitendasein durcheinanderbringt. Anneke Kim Sarnau spielt diese Frau sehr eindrucksvoll, und schon als sie auftaucht, weiß man, wohin die Reise geht. Man denkt an Vorbilder wie "About A Boy" mit Hugh Grant oder "Besser geht's nicht", wo Jack Nicholson ungelenk Kontakt zu einer vom Leben gezeichneten Kellnerin aufnimmt. Auf letztgenannten Film nimmt auch das ZDF-Presseheft Bezug, und damit hängt die Messlatte ziemlich hoch, denn wo man sich bei Grant und Nicholson Sorgen machte, ob sie aus ihrer selbstverordneten Isolierung herausfinden, ist die Sache bei "Endlich Witwer" sonnenklar.

Irgendwelche Ungewissheiten wollten Martin Rauhaus (Drehbuch) und Pia Strietmann (Regie) dem Publikum offenbar nicht zumuten. So ist "Endlich Witwer" ein netter Film mit absehbarem Läuterungsende geworden, irgendwie niedlich und manchmal für ZDF-Verhältnisse sogar ein bisschen witzig. Da passt dann traurigerweise wieder der Titel des Nicholson-Films: Besser geht's nicht.

Endlich Witwer , ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 13.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: