Fernsehfilm:Wo ist unser Sohn?

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Wie geht es weiter? Jakob Schenk (Leonard Carow) ist zurück vom IS und allen fremd. (Foto: WDR/zeroonefilm/Michael Kotschie)

Das subtile IS-Drama "Macht euch keine Sorgen" stellt wichtige Fragen über Vertrauen zwischen Eltern und Kindern.

Von Kathrin Hollmer

In Lloret de Mar soll ihr Jakob sein. Urlaub mit einem Freund. Vor dem Abendessen nehmen die Schenks also nur die kleine Schwester an die Hand und beten - bis Beamte vom LKA an der Tür der Familie klingeln und das Zimmer des 19-Jährigen durchsuchen wollen, der sich in Syrien dem IS angeschlossen haben soll.

Macht euch keine Sorgen! (WDR) ist, nach dem SWR-Zweiteiler Brüder (2017) und Bruder - Schwarze Macht (ZDF, 2017), der nächste große IS-Fernsehfilm und trotzdem anders. Statt die Hinwendung zum Islam leuchtet der Film psychologisch aus, wie Eltern versuchen, den eigenen Sohn zu beeinflussen und zu beschützen - und es nicht können. Nur beiläufig wird erzählt, dass Jakob (Leonard Carow) keinen Alkohol mehr trinkt, nicht mehr kifft und hilfsbereiter ist. In der einzigen Rückblende im Film sieht man ihn, wie er immer wieder umdreht, um die Toilette mit dem linken Fuß voran zu betreten - der schlechten Seite, denn in der Toilette herrsche der Schaitan, der Teufel. "So sind die Regeln", sagt er. Die Eltern, stolz auf ihre eigene Toleranz, lassen Jakob lange gewähren, ehe sie sich Vorwürfe machen. Ihre Hilflosigkeit ist kaum zu ertragen, etwa, wenn Vater Stefan in Spanien anruft: "I want speak a guest in your hotel", sagt er in holprigem Englisch. Dass Jakob aus Syrien schreibt, die Eltern sollen sich keine Sorgen machen, bringt Stefan (besonders toll: Jörg Schüttauf) natürlich erst recht dazu, mit dem älteren Sohn im jordanisch-syrischen Grenzgebiet (gedreht wurde in Jericho) nach ihm zu suchen.

In Macht euch keine Sorgen! inszeniert die Regisseurin Emily Atef fast dokumentarisch ein großes Drama. Der Film erzählt zwei Geschichten in einer - die Suche nach Jakob und nach dessen Rückkehr, wie er sich wieder Vertrauen erarbeiten muss - und bleibt dabei in der Vaterperspektive. Ulrike C. Tscharre als Mutter guckt streckenweise nur rehäugig drein. Die Drehbuchautorinnen Kathi Liers und Jana Simon verarbeiteten wahre Geschichten, von der Journalistin Simon recherchiert. Nur stellenweise wird etwas zu sehr betont, dass solch ein Schicksal jeden treffen kann: die Mutter Optikerin, der Vater Sachbearbeiter, ein Haus in der Vorstadt. Alles ganz normal, Bürgerlicher geht's nicht. Im ersten, etwas schwächeren Teil, ist dann auch immer wieder infokastenartiges IS-Grundwissen eingestreut, wenn das abgearbeitet ist, kommt der Film dann aber ohne Klischees aus. Na gut, fast. Eine Ausnahme ist, dass Jakob zu Hause nach einem Flugplatz und einem jüdischen Restaurant googelt - und das natürlich möglichen Anschlagsziele suggeriert. Doch die Stärke von Macht euch keine Sorgen! liegt darin, dass er Fragen stellt. Über Familien, über Eltern und Kinder.

Macht euch keine Sorgen! , Das Erste, 20.15 Uhr.

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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