Fernsehfilm:Kalte Liebe

Lesezeit: 1 min

Was hat dich bloß so ruiniert? Sandra (Mira Bartuschek, links) und Katrin (Britta Hammelstein) erkennen einander kaum wieder. (Foto: Jochen Klenk/SWR)

Richtig Hass entwickelt sich, als zwei alte Freundinnen sich nach Jahren wiedersehen - mit ihren Männern, Kindern und unterschiedlichen Ansichten.

Von Viola Schenz

Die Frage, ob Gemeinsamkeiten oder Gegensätze für Beziehungen auf Dauer fruchtbarer sind, bleibt wohl ein ewiges Menschheitsgeheimnis. Sandra und Katrin haben einiges gemeinsam: Beide sind 35, waren während des Studiums eng befreundet, sind jetzt Mütter mit je einem Kind und treusorgendem Partner. Nach neun Jahren treffen sie sich zufällig wieder, klasse, also laden Sandra und ihr Erik Katrin und ihren Steffen zum Essen ins Haus im Grünen ein. Schnell wird klar, dass doch Gegensätze überwiegen: Katrin und Steffen sind Vegetarier, vorbereitet ist aber ein Grillfest. Sandra erfüllt sich ihren Traum als Vollzeitmutter und Superhausfrau, Katrin (Britta Hammelstein) bringt das Geld nach Hause. Erik stellt Holzimprägniermittel her, Steffen (Felix Knopp) will mit seiner Klampfe die Umwelt retten.

Die Unvereinbarkeiten schaukeln sich zu Meinungsverschiedenheiten und heimlichen Lästereien in Küche und Bad hoch. Als Sandra (Mira Bartuschek) und Erik (Holger Stockhaus) der kleinen Fatme nachträglich zum Geburtstag eine pinklilafarbene Plastikküche mit aufsetzbarer Dunstabzugshaube überreichen, lässt das deren emanzipatorisch-progressive Mutter Katrin naturgemäß hyperventilieren ("Sandra, du hast doch Gender Studies studiert!!"). Das Wiedersehen artet aus in gegenseitige Vorwürfe, ständig wechselnde Allianzen und Anfeindungen, Gemeinheiten und Handgreiflichkeiten.

All das erinnert an, richtig, "Der Gott des Gemetzels", den Roman der französischen Dramatikerin Yasmina Reza, 2011 preisgekrönt verfilmt, zuvor auf internationalen Theaterbühnen inszeniert. Was den Metzelgott so erfolgreich machte, sind Subtilität und Unabsehbarkeit der Handlung. Bei diesem SWR-Film (Buch: Nicole Armbruster) jedoch erahnt man sehr oft die nächste Szene, außerdem wird gerne zum Überdeutlichen gegriffen. Katrin führt ein geschäftliches Telefonat, während Fatme auf dem Klettergerüst der Gastgeber turnt. Sicherlich wird sie gleich runterfallen, damit sich Sandra über Katrins Rabenmutterverhalten ereifern kann - schwups liegt die Kleine auf dem Rasen. Sandra wiederum stillt ihren vier Jahre alten Frederik immer noch und rennt mit Brustpumpe durchs Haus; das lässt sie die Regie (Stefan Krohmer) mehr als drei Minuten lang tun, vermutlich damit auch die allerletzten Zuschauer mitkriegen, dass sie jetzt von dieser Frau genervt sein sollen. Beim "Gott des Gemetzels" liefert ein gemeinsames Anliegen die Paare einander aus; hier fragt man sich fortwährend, was die Gäste in dieser Hölle hält, warum sie nicht endlich gehen, warum die Gastgeber sie nicht rauswerfen. Vielleicht sind es doch die Gegensätze, die verbinden.

Zur Hölle mit den anderen , ARD, 20.15 Uhr.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: