TV-Tipps zum Wochenende:Raus aus dem alten Leben

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Für die Helden der besten Filme an diesem Fernseh-Wochenende steht fest: Die Dinge müssen sich definitiv ändern. Das tun sie dann auch prompt.

Von Stefan Fischer

Jahrhundertfrauen

Tragikomödie, One, Samstag, 21.40 Uhr

"Braucht man nicht einen Mann, um einen Mann zu erziehen?", fragt das Nachbarsmädchen (Elle Fanning). Oh nein, beharrt die alleinerziehende Mutter (Annette Bening) des pubertierenden Jamie - und spannt die Teenager-Nachbarin und eine weitere junge Frau (Greta Gerwig) ein, um den Jungen fit fürs Leben zu machen. Der begeistert sich tatsächlich für feministische Literatur, und mit seinem Faible für Punkmusik kommt er ganz nach dem freigeistigen Geschmack seiner Mutter. Mike Mills hat seinen Film 1979 angesiedelt, der Vietnamkrieg ist zu Ende, auch das Jahrzehnt der Hippies. Die Amerikaner wählen Ronald Reagan zu ihrem Präsidenten. Eine Phase des Umbruchs, in der dieses Quartett sich allerdings nicht mit dem Mainstream bewegt. Mills geht es um die gesellschaftlichen Reibungspunkte, um Lebensentwürfe - und die Zufälle des Lebens.

Carol

Liebesdrama, Das Erste, Sonntag, 23.50 Uhr

Ein zarter, zaghafter Film, der zugleich auf wundervolle Weise stark ist. Er erzählt von einer Verführung - und ist selbst eine. Als Zuschauer erliegt man leicht und auch gerne der Verlockung, das Kino ist hier ganz bei sich, es flirtet mit seinem Publikum. Todd Haynes hat eine Geschichte aus dem New York der Fünfzigerjahre verfilmt, damals sind selbst hier die sexuelle Revolution und Emanzipation sowie, erst recht, die Schwulenbewegung noch ein paar lange Jahre entfernt. Eine ältere Frau verliebt sich in eine jüngere, sie lassen sich aufeinander ein, müssen ihre Beziehung jedoch geheim halten. Ohnehin vor der Gesellschaft, und speziell auch die Ältere, weil sie in Scheidung lebt und um das Sorgerecht für ihre Tochter kämpft. Cate Blanchett und Rooney Mara spielen die Sehnsüchte dieser Frauen mit großem Feingefühl.

Der Überläufer

Kriegsdrama, NDR, Samstag, 21.45 Uhr

Der junge Walter Proska ist unfreiwillig in diese Pflicht hineingezwungen worden: Seit 1939 kämpft er für die Wehrmacht. Inzwischen, im Sommer 1944, ist die Lage in diesem Krieg hoffnungslos für die Deutschen. Nach so vielen Jahren hat Proska genug, er will dem Nazi-Regime nicht weiter dienen - und tut sich dennoch schwer, sich loszusagen. Nicht nur wegen des Risikos, sondern auch aus einer merkwürdigen, rational kaum zu erklärenden Verbundenheit. Von dieser inneren Emanzipation, die schließlich doch auch in eine äußere mündet - und bald darauf in eine neue ungewollte Abhängigkeit -, erzählt der von Florian Gallenberger inszenierte Zweiteiler (Teil 2: Sonntag, 20.15 Uhr). Er basiert auf dem Roman von Siegfried Lenz, der erst 2016, mit jahrzehntelanger Verspätung, erschienen ist. In den Fünfzigern war er dem Verlag zu heikel.

Nirgendwo in Afrika

Drama, Tele 5, Sonntag, 20.15 Uhr

Regina (Karoline Eckertz) fühlt sich in Kenia schnell zu Hause - auch dank der Freundschaft zu Owuor (Sidede Onyulo). (Foto: Constantin Film/Constantin Film)

Einen Oscar für den besten fremdsprachigen Film gab es vor inzwischen auch bald schon wieder zwanzig Jahren für dieses leise, behutsame Werk von Caroline Link. Sie unternimmt einen Zeitsprung in die späten Dreißigerjahre: Eine deutsch-jüdische Familie ist den Nazis entkommen und versucht am Vorabend des Zweiten Weltkriegs in Kenia einen Neubeginn. Der Tochter gelingt es schneller und leichter, in der neuen Umgebung Fuß zu fassen, sich auf die Kultur der Schwarzen einzulassen. Ihre Mutter hingegen hat damit immense Schwierigkeiten - mit den fremden Sprachen, den ungewohnten Lebensweisen. Letztlich aber wird sie es sein, die nicht mehr loskommt von diesem neuen Leben in der finalen von einigen Familienkrisen, als zur Debatte steht, ins Nachkriegsdeutschland zurückzukehren.

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