Erfolgspodcast aus den USA:Rätsel in Hotpants

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Foto: Alamy/mauritius images (Foto: N/A)

"Wo ist Richard Simmons" macht sich auf die Suche nach einem verschwundenen Fitness-Guru.

Von Karoline Meta Beisel

Kein Wunder, dass der Filmemacher Dan Taberski seine erste Aerobic-Stunde nicht vergessen kann: "Nach weniger als 30 Minuten war ich oben ohne, umringt von mittelalten Frauen, während Richard mir mit meinem T-Shirt den Schweiß von der Brust wischte und sich das Hemd danach in seine Shorts stopfte." 40 Jahre lang unterrichtete der exzentrische Fitness-Guru Richard Simmons dreimal pro Woche in seinem Studio in Beverly Hills. Bis zu jenem Tag im Februar 2014, als er seine Klasse dort warten ließ und bis heute nicht mehr auftauchte.

Richard Simmons, der als Teenager in New Orleans selbst mal dick war, wurde in den Achtzigerjahren mit Shows über Fitness und gesunde Ernährung zum Star; in der Krankenhaus-Soap General Hospital hatte er vier Jahre lang eine Nebenrolle als er selbst; später war er regelmäßig Gast in Fernseh- und Radiosendungen wie Letterman, Ellen oder der Howard Stern Show. Dort trat er meist schrill, lustig und in Hotpants auf. Genauso erlebten ihn auch die Kunden in seinem Fitnessstudio, bis zu seinem plötzlichen Verschwinden.

In dem Podcast Missing Richard Simmons versucht Regisseur Dan Taberski herauszufinden, was mit dem Fitnesstrainer geschehen ist - und übt mit dieser Recherche einen ähnlichen Sog aus wie vor zweieinhalb Jahren der Erfolgspodcast Serial: Damals bannte die wahre Geschichte um den Mord an einer Schülerin Millionen Zuhörer und belebte quasi nebenbei das dahindümpelnde Medium Podcast neu.

Ganz so ernst scheint das Sujet von Missing Richard Simmons zwar nicht zu sein: Niemand glaubt, dass der inzwischen 68-Jährige verstorben sein könnte. So behauptet sein Manager, er habe nach wie vor Kontakt zu ihm, Simmons wolle bloß keine Interviews geben. Die Machart aber erinnert stark an Serial: von dem Ich-Erzähler Taberski, der die Zuhörer an seinen Recherchen, aber auch an seinen Zweifeln teilhaben lässt, über die mitgeschnittenen Telefonate bis hin zu den Sponsorenhinweisen zu Beginn jeder Folge. Auch gibt es durchaus ein Krimielement: Einige Zuhörer glauben, dass Simmons' langjährige Haushälterin etwas mit seinem Verschwinden zu tun haben könnte.

Kritiker fragen, ob man den Mann nicht einfach in Ruhe lassen sollte

In die Begeisterung, die der englischsprachige Podcast in den USA ausgelöst hat, mischt sich aber auch Kritik: Vielleicht hatte Simmons einfach die Schnauze voll vom Leben in der Öffentlichkeit. Sollte man ihn dann nicht einfach in Ruhe lassen, anstatt sein Umfeld auszuforschen? Dan Taberski glaubt nicht, dass die Erklärung so einfach ist: Früher hielt Simmons sogar Kontakt zu Fans, die er nur ein einziges Mal gesehen hatte. Seit 2014 haben aber nicht mal seine Freunde etwas von ihm gehört, auch sie machen sich Sorgen.

Zwei Episoden der sechsteiligen Serie stehen noch aus, derzeit führt die Geschichte in den USA die Podcast-Charts an. Das könnte sich schon bald ändern: Noch im März erscheint das nächste Projekt der Macher von Serial.

www.missingrichardsimmons.com

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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