Doku-Serie:Dribbeln und debattieren

Lesezeit: 2 min

Wünscht sich das Spielfeld als einen Ort, an dem die Herkunft keine Rolle spielt: Basketballspieler LeBron James, 33. (Foto: David J. Phillp/AFP)

Basketballspieler LeBron James, dem der US-Präsident mangelnde Intelligenz unterstellt hat, produziert eine Serie über die gesellschaftliche Relevanz von Sportlern.

Von Jürgen Schmieder

LeBron James möchte nicht schweigen. Er weiß natürlich, dass zum Recht auf freie Meinungsäußerung auch das Privileg gehört, sich nicht unbedingt zu allem äußern zu müssen - auch wenn das derzeit sehr viele Leute bei Debatten um Sport und Gesellschaft vergessen. Und er weiß auch, dass viele Sportler lieber die Klappe halten oder beim Abspielen der Nationalhymne stehen, weil sie einfach nicht gefeuert werden oder ihre Werbeverträge nicht verlieren wollen. Der beste Basketballspieler der Welt jedoch möchte nicht vor einer eigenen Haltung zu heiklen Themen fliehen, und er verliert sich auch nicht in oberflächlichen Floskeln.

Auf die Frage zum Beispiel, was er denn Donald Trump sagen würde, wenn er dem US-Präsidenten begegnen würde, antwortete James: "Gar nichts - weil ich diesem Mann niemals gegenübersitzen würde." Zuvor hatte er Trump schon als Spalter bezeichnet und als einen, "der sich einen Scheißdreck um die Leute schert".

Trump, zu dessen Tugenden das Schweigen nun wahrlich nicht gehört, hatte James in der vergangenen Woche auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mangelnde Intelligenz vorgeworfen. "LeBron James wurde gerade vom dümmsten Mann im TV interviewt, Don Lemon, und er hat LeBron klug aussehen lassen, was nicht gerade einfach ist", hatte er geschrieben. Die Moderatorin des rechtsgerichteten Trump-Lieblingssenders Fox News, Laura Ingraham, hatte dem Sportler bereits Anfang des Jahres geraten: "Shut up and dribble!" Frei übersetzt: Halt's Maul und spiel' Basketball.

Nun hat James verkündet, eine Dokuserie über die gesellschaftliche Relevanz von Sport produzieren zu wollen. Titel: Shut Up and Dribble.

"Ich werde nicht zulassen, dass jemand den Sport als Plattform missbraucht."

"Wenn ich etwas sehe, das falsch oder ungerecht ist, dann habe ich das Gefühl, dass meine Stimme gehört wird - nicht nur von Kindern, sondern auch von Erwachsenen", sagte James kürzlich in einem Interview mit dem Sportsender ESPN: "Ich werde nicht zulassen, dass jemand den Sport als Plattform missbraucht, um dieses Land zu spalten. Sport hat die Möglichkeit, Menschen aller Rassen zu vereinen, weil es diese gemeinsamen Ziele gibt: gewinnen und Spaß haben." Kinder, gerade aus benachteiligten Gegenden, empfänden ein Spielfeld als Ort, an dem sie ausnahmsweise nicht anhand ihrer Hautfarbe oder Herkunft beurteilt würden, sondern anhand ihrer Fähigkeiten. "Das will ich weiter fördern."

Seine Serie soll sich damit beschäftigen, wie sich die gesellschaftliche Rolle von Sportlern in den vergangenen fünf Jahrzehnten entwickelt hat und wie sich verschiedene Athleten im derzeitigen politischen und popkulturellen Klima verhalten.

Die ersten drei Folgen, die zum Saisonstart in der nordamerikanischen Profiliga NBA im Oktober im Pay-TV-Kanal Showtime ausgestrahlt werden, sollen sich zunächst auf die Sportart Basketball konzentrieren, wie dunkelhäutige Athleten den amerikanischen Traum realisierten, wie sie gegen Rassismus kämpften und wie sie gerade heutzutage Einfluss nehmen können auf politische und gesellschaftliche Debatten.

"Wer heutzutage ein berühmter Sportler ist, der ist unweigerlich auch eine politische Figur", sagt Showtime-Chef David Nevins und bezeichnet James als "eines dieser Beispiele, bei denen das Rampenlicht dafür gesorgt hat, dass sie sich engagieren und ihre Meinung sagen. Diese spannenden und komplexen Geschichten wollen wir erzählen, von der Vergangenheit bis in die Gegenwart."

Laut Medienberichten soll er nicht abgeneigt sein, weitere Staffeln über andere Disziplinen zu produzieren - und man wird das Gefühl nicht los, dass sich so eine Dokuserie auch in Deutschland angesichts der von der Kritik an dem Erdoğan-Foto von Fußballer Mesut Özil ausgelösten Rassismusdebatte lohnen könnte. Schade nur, dass einem nicht besonders viele deutsche Sportler einfallen, die sich zu brisanten Themen derart deutlich und furchtlos äußern wie LeBron James über die Zustände in den USA.

© SZ vom 10.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: