Debatte über WDR-Satire:Im Hühnerstall

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ARD-Vorsitzender Tom Buhrow konnte es auch mit seiner Entschuldigung nicht allen recht machen. (Foto: Danny Gohlke/dpa)

Die Staatsanwaltschaft in Köln lehnt Ermittlungen gegen den WDR wegen Klagen zu einem satirischen Umweltoma-Lied ab. Und beantwortet, wie angebracht die Entschuldigung von Intendant Tom Buhrow in der Sache war.

Von Hans Hoff

Die Staatsanwaltschaft Köln hat im Fall zahlreicher "Umweltsau"-Anzeigen die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt. "Zureichende Anhaltspunkte für die Begehung von Straftaten durch die Veröffentlichung des Videos konnten nicht festgestellt werden", hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme, in der dargelegt wird, dass es nicht ausreicht, "dass nur eine von verschiedenen möglichen Bedeutungsauslegungen der in Rede stehenden Äußerung strafrechtlich bedeutsam wäre".

In Köln waren rund 200 Anzeigen gegen ein Ende 2019 vom WDR ins Netz gestelltes Video, das eine von einem Kinderchor vorgetragene Verballhornung des Liedes "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" enthielt, gesammelt worden. Viele Senioren hatten sich von der Formulierung "Meine Oma ist ne alte Umweltsau" betroffen gezeigt. Allerdings stellte die Staatsanwaltschaft auch fest, dass ein erheblicher Teil der Strafanzeigen "aus der Feder 'wutbürgernaher', oftmals ideologisch argumentierender Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems" stammte. WDR-Intendant Tom Buhrow hatte sich für das Lied entschuldigt und dafür Lob und Kritik bekommen. Ihm wurde vorgeworfen, vor rechten Krawallmachern eingeknickt zu sein und der Satirefreiheit im WDR einen Bärendienst erwiesen zu haben. Von der Staatsanwaltschaft erhält er nun noch eine kleine Nachhilfe in Sachen Textauslegung.

Das "Umweltsau"-Video könne aus der Sicht eines unvoreingenommenen Betrachters durchaus auch so verstanden werden, dass nicht etwa eine pauschale Beleidigung aller Seniorinnen intendiert war, sondern vielmehr die kritische Auseinandersetzung mit klimaschädlichen Verhaltensweisen als solchen, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Die Motorrad fahrende Oma sei nicht als Stellvertreterin aller Seniorinnen zu sehen, sondern als Kunstfigur. "Im Übrigen würde aber auch die Betitelung solcher Seniorinnen als 'Umweltsau', die sich etwa durch den Verbrauch von 1000 Litern Superbenzin im Monat, den fortgesetzten Verzehr von Billigfleisch und die Benutzung von Großraumwagen für Arztbesuche auszeichnen, nicht den Grad einer im Bereich (auch) politischer Meinungsbildung für die Annahme einer strafbaren Beleidigung erforderlichen Schmähung erreichen", schreibt die Staatsanwaltschaft.

Alle Anzeigeerstatter werden nun einen Bescheid erhalten, in dem die Staatsanwaltschaft ihre Ablehnungsgründe eingehend darlegt. Nicht berührt von der Entscheidung sind Anzeigen, die sich auf die Twitter-Äußerungen eines WDR-Mitarbeiters beziehen, der für die Großeltern der Video-Kritiker die Bezeichnung "Nazisäue" gewählt hatte. Diese Anzeigen prüft derzeit die Staatsanwaltschaft.

© SZ vom 06.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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