Ausbildung:In Serie

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Filmhochschulen gibt es viele - sind es zu viele? Wie Ludwigsburg sich von den sieben deutschen Konkurrenten abzugrenzen versucht.

Von David Steinitz

Bitte nicht noch eine Filmhochschule, wurde schon im Gründungsjahr der Filmakademie Baden-Württemberg geunkt: 1991 wurde sie in Ludwigsburg eröffnet. Der häufigste Vorwurf an die Schulen, von denen die meisten durch die Bundesländer finanziert werden, lautet: Sie bilden viel mehr Filmemacher aus, als der Markt gebrauchen kann.

Acht deutsche Filmhochschulen aus München, Hamburg, Köln, Berlin, Potsdam und Ludwigsburg sind im internationalen Verband der Film- und Fernsehakademien gelistet. Sie entlassen jedes Jahr Dutzende Absolventen in eine knallharte Branche, in der nur wenige regelmäßig Arbeit finden. Allein die Ludwigsburger verzeichnen nach eigener Auskunft mittlerweile mehr als 1700 Alumni.

Diesen Vorwurf kontert Thomas Schadt, Direktor der Filmakademie: "Wenn man alle Filmstudiengänge zusammenzählt, könnte man natürlich sagen: Wir bilden zu viel aus. Aber wir haben immer noch einen Mangel an guten Geschichtenerzählern, und solange der existiert, bilden wir auch nicht zu viel aus."

Schadt, 59, ist ein erfahrener Regisseur, der vor allem Dokumentationen fürs Fernsehen gedreht hat. 2005 wurde er zum künstlerischen Direktor der Filmakademie ernannt, 2007 auch zu ihrem Geschäftsführer. Seine große Herausforderung: der Akademie unter all den Konkurrenten ein eigenes Profil zu geben. Denn die Ausbildungsqualität der Filmstudiengänge ist in Deutschland - ähnlich wie in den USA, England oder Israel - ohnehin auf einem sehr hohen Niveau.

Eine Besonderheit der Filmakademie ist der Lehrschwerpunkt "Serien Producing". Er wurde bereits im Jahr 2000 eingeführt, lange bevor alle anderen Schulen mit großer Verspätung dem Serienhype hinterherhechelten.

In diesem freiwilligen Ausbildungsabschnitt, der laut dem Studienkoordinator Michael Rösel als "Serienlabor" angelegt ist, können Studenten der Fächer Drehbuch und Produktion an Theorieseminaren von der Comedy- bis zur Dramaserie teilnehmen. Im praktischen Teil der Ausbildung entwickeln sie gemeinsam ein Serienkonzept, das sie nicht nur auf dem Papier den Fernsehsendern anbieten, sondern bereits als Film: Ihre Idee wird - je nach Komplexität und Kosten - als kurzer Teaser oder sogar als Pilotfolge inszeniert, damit sie eine möglichst eindrückliche Visitenkarte vorzuweisen haben. Zum Stammpersonal der Seriendozenten gehören unter anderen Ralf Husmann ( Stromberg), Morgan Gendel ( Star Trek) und Petra Kolle ( GZSZ).

Laut Rösel arbeiten seine Absolventen "tatsächlich nahezu vollständig im Markt". Wobei das natürlich nicht bedeutet, dass all die jungen Filmemacher Serienstars im Sinne der gefeierten amerikanischen Showrunner geworden sind, die in den USA als Chefautoren die großen Serienproduktionen anführen. Überhaupt habe sich die amerikanische Arbeitsweise, in der ein Showrunner einem "Writer's Room" voller Topautoren vorsteht, in Deutschland noch kaum etabliert, sagt Rösel - zu teuer. Zudem ist Deutschland traditionell ein Autorenfilmerland, wo weniger im Team gearbeitet wird, sondern sich eher einzelne Künstler durch ihre Arbeiten hervortun.

Es gibt aus seinem Studiengang ein paar sehr erfolgreiche Ex-Studenten, zum Beispiel Bora Dağtekin, der mit der ARD-Serie Türkisch für Anfänger seinen Durchbruch hatte und später Fack ju Göhte fürs Kino machte - aktuell sitzt er an Teil drei. Und es gibt viele Studenten, die deutlich weniger prominente Stellen bekommen haben und für weniger glamouröse Formate arbeiten.

Einerseits ist das trotzdem erfreulich, weil sie überhaupt Jobs haben. Andererseits ist die Diskrepanz zwischen den Traumjobs der Studenten und dem tatsächlichen Angebot auf dem deutschen TV- und Kinomarkt oft doch immens groß, nicht nur im Serienstudiengang. Ein Problem, das auch Direktor Schadt bewusst ist: "Wenn die Studenten bei uns anfangen, haben sie von der Realität oft erschreckend wenig Ahnung. Deshalb durchlaufen viele bei uns auch einen schmerzhaften Prozess, der sehr wichtig ist. Man muss ihnen bewusst machen, was sie erwartet - und in der Regel kommen sie dann nach dem Abschluss auch gut damit klar."

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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