Aufregung um Anti-Islamfilm:Hetzvideo wirft Fragen auf

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US-Diplomaten und Demonstranten starben in den Unruhen, die der Anti-Islamfilm "Innocence of Muslims" in Libyen und im Jemen ausgelöst hat. Nun stellt sich heraus, dass Schauspieler und Filmcrew offenbar getäuscht wurden - und dass an der Identität des angeblichen Produzenten gezweifelt werden muss.

Moritz Baumstieger

Dass die Macher des Films Innocence of Muslims ("Die Unschuld der Muslime") die islamische Welt provozieren wollten, darf als sicher gelten. Dass die Darsteller des Filmes das auch vorhatten, muss nun aber bezweifelt werden - und offenbar auch die Identität des angeblichen Produzenten.

Das 14-minütige Video, das den Propheten Mohammed als blutrünstigen pädophilen Hochstapler diffamiert, wurde Anfang Juli von einem Nutzer mit dem Pseudonym Sam Bacile auf dem Portal Youtube hochgeladen. Seit Anfang des Monats kursiert eine arabische Version des Videos im Netz, daraufhin kam es zu gewaltsamen Protesten vor US-Botschaften in mehreren arabischen Ländern, in deren Folge vier US-Diplomaten in Libyen starben.

Sam Bacile ist seitdem untergetaucht. Der angeblich israelisch-stämmige US-Bürger gab dem Wall Street Journal und der Agentur AFP fast identische Interviews, in denen er behauptete, das Youtube-Video sei ein Ausschnitt aus einem zweistündigen Film, den er mit fünf Millionen Dollar Spendengeldern aus Israel realisiert hätte.

Der ganze Film soll angeblich bei einer geheimen Vorführung in Hollywood gezeigt worden sein, doch trotz intensiver Recherche gelang es bisher niemandem, einen Zeugen dieser Vorführung ausfindig zu machen. Auch zur Identität Baciles gibt es immer mehr Fragen: Sein Alter wird unterschiedlich angegeben, auf seinem Telefonanschluss ist Medienberichten zufolge niemand mehr zu erreichen. Das israelische Außenministerium dementierte in der New York Times, dass es einen Staatsbürger Namens Sam Bacile gebe.

Wer immer Sam Bacile ist - er hat die Darsteller in seinem Film offenbar grob über dessen Inhalt getäuscht: Das US-Blog Gawker machte eine Nebendarstellerin ausfindig, die angab, man habe ihr bei den Dreharbeiten erzählt, an einem Film über das Leben im alten Ägypten mitzuwirken. Demnach haben die Macher offenbar den ursprünglichen, unverfänglichen Text, den die Schauspieler beim Dreh einsprachen, mit islamophoben Inhalten überspielt.

Änderungen des Skriptes

Am Mittwoch erreichte den Nachrichtensender CNN zudem eine Stellungnahme von 80 Crew-Mitgliedern, die das bestätigt: "Wir sind schockiert über die drastischen Änderungen des Skriptes und die Lügen, die allen Beteiligten erzählt wurden", heißt es darin.

Inzwischen hat sich Youtube entschieden, den Zugriff auf das Video zu erschweren. Gestern noch hatte das Portal entsprechende Forderungen abgelehnt. Doch angesichts der "schwierigen Lage in Libyen und Ägypten" sei der Zugang in den beiden arabischen Ländern nun "vorübergehend eingeschränkt" worden, erklärte ein Sprecher am Donnerstag - obwohl der Inhalt des Films nicht gegen die Richtlinien des Portals verstoße.

© SZ vom 14.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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