Abspann:Mensch, Mann!

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Die neue "Apotheken-Umschau" wendet sich dem unbekannten Geschlecht zu - dieses andere Geschlecht ist zwar weniger gesundheitsbewusst, hat aber tatsächlich auch einen Körper, der dann und wann von Beschwerden bedroht ist.

Von Kathrin Müller-Lancé

Die Apotheken-Umschau wolle "neue Zielgruppen gewinnen", heißt es in einer Mitteilung, die neue Rubrik namens "Männersache" wende sich an Männer, "die bisher zu wenig mit ihren spezifischen Gesundheitsthemen abgeholt werden". Das Layout überzeugt schon mal: Unter dem Titel "Müde Spermien" setzt sich die Doppelseite mit der männlichen Fruchtbarkeit auseinander. Mit dabei sind fröhliche Comic-Spermien, die "Upps!" und "Hurra!" rufen.

Wie nett, dass sich die AU, wie sie von Insidern liebevoll genannt wird (und was ausgezeichnet passt, weil es natürlich oft um Schmerzen geht), dass sich das Magazin des Geschlechts annimmt, das laut Studien von Krankenkassen und Forschungsinstituten seltener den Arzt oder die Ärztin aufsucht. Ja, das ist löblich, denn auch Männer haben einen Körper, der kaputtgehen kann. Ein Mann ist nicht weniger ein Mann, wenn er sich um seine Gesundheit kümmert. So weit, so empowernd.

Ein bisschen weniger löblich oder zumindest hinterfragenswert scheint es, dass hier Männer als Zu-Kurz-Gekommene in Sachen Gesundheit bemitleidet werden. Denn wendet man den Blick weg von den Magazin-Covern mit halbnackten Frauen (Depression! Rückenleiden!) hin zur medizinischen Forschung und Praxis, ist der Männerkörper auf einmal nicht mehr benachteiligt, sondern vielmehr das Maß aller Dinge. Lange arbeiteten Arzneimittelstudien vorwiegend mit männlichen Probanden. Seit gerade einmal 15 Jahren ist es in Deutschland gesetzlich empfohlen, Medikamente, die an Männer und Frauen verschrieben werden, auch an Frauen zu testen und entsprechend auszuwerten. Dabei reagieren Frauenkörper oft ganz anders. Medikamente, die bei Männern gegen Herzleiden helfen, können bei Frauen verheerende Nebenwirkungen haben, tödliche sogar.

Dass die Apotheken-Umschau auf die Geschlechterunterschiede beim Thema Gesundheit hinweisen will, ist also ganz und gar wunderbar. Aber dann bitte in Zukunft auch auf einer Doppelseite mit dem Namen "Frauensache", liebe AU!

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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