Zukunft des Geldes:Ausgeklimpert?

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Handlich und immer dabei: Bargeld war einmal eine sehr praktische Erfindung. Jetzt aber fordern einige Wissenschaftler, dass man es lieber abschaffen sollte.

Von Harald Freiberger

Bargeld begleitet uns tagein, tagaus: Wir brauchen Euro-Münzen oder Scheine, wenn wir Semmeln holen, wir brauchen sie, wenn wir Schulhefte kaufen. Jeder sieht sofort ein, dass Bargeld eine sinnvolle Erfindung ist. Denn früher, vor vielen Jahrhunderten, als das Bargeld noch nicht erfunden war, konnten die Menschen nur Waren gegeneinander tauschen, also zum Beispiel drei Schweine gegen eine Kuh. Das war sehr kompliziert.

Doch nun fordern seit einiger Zeit eine Reihe von Leuten, dass man das Bargeld abschaffen sollte. Es sind anerkannte Experten wie der Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger. Bofinger sagt: "Fast ein Drittel des Euro-Bargelds sind 500-Euro-Scheine, fürs Einkaufen braucht die niemand, damit wickeln lichtscheue Gestalten ihre Geschäfte ab." In der Tat ist es ein großer Nachteil von Bargeld, dass damit verbotene Geschäfte wie Drogenhandel oder Schwarzarbeit finanziert werden - also Arbeit, für die keine Steuern bezahlt werden. Wenn das Geld direkt fließt und nicht über ein Bankkonto läuft, hat der Staat keine Chance, diese Machenschaften aufzudecken.

In letzter Zeit kam noch ein anderer Grund dazu, der für die Abschaffung von Bargeld spricht. Er hat damit zu tun, dass die Wirtschaft in Europa seit Jahren schlecht läuft. Deshalb hat die Europäische Zentralbank die Zinsen bis auf fast null Prozent gesenkt. Sie will damit dafür sorgen, dass Bürger und Unternehmen sich viel Geld bei Banken leihen und das Geld ausgeben. Das würde der Wirtschaft, also den Unternehmen, helfen. Manche Zinsen sind sogar schon negativ. Das heißt: Wer Geld zur Bank trägt, bekommt dafür keine Zinsen, sondern muss sogar etwas dafür bezahlen.

Harter Kern

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(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die roten Ein- bis Fünf-Cent-Münzen bestehen aus einem Stahlkern, der mit Kupfer beschichtet ist. Man kann sie mit einem Magneten anziehen. Bei 10- bis 50-Cent-Münzen geht das nicht.

Wo kommen die Münzen her?

In Deutschland stellen fünf Prägeanstalten im Auftrag des Finanzministeriums die Münzen her. Man kann sie an einem eingeprägten Buchstaben erkennen: A (Berlin), D (München), F (Stuttgart), G (Karlsruhe), J (Hamburg).

18 Milliarden

Es gibt viel mehr Münzen als Scheine: Allein von der 5-Cent-Münze sind 18 Milliarden in Umlauf. Das entspricht der Menge aller Euro-Scheine, vom Fünfer bis zum Fünfhunderter zusammengerechnet.

Abgenutzt

Banknoten mit kleinem Wert (5, 10, 20, 50 Euro) werden besonders häufig benutzt. Sie müssen oft schon nach einem, spätestens nach vier Jahren ersetzt werden, weil sie so abgegriffen sind.

Häufiger Cent

In Europa sind etwa sechsmal so viele 1-Cent-Münzen (etwa 30 Milliarden) im Umlauf wie 2-Euro-Stücke (etwa 5 Milliarden).

Manche Wissenschaftler sagen nun: Die Leute sollten noch viel mehr Geld bezahlen, um ihr Erspartes in der Bank aufzubewahren. Denn dann wären Bürger und Unternehmen gezwungen, das Geld auszugeben. Dieser Plan geht aber nur auf, wenn es kein Bargeld mehr gibt: Denn sonst könnten die Sparer das Geld von der Bank nehmen und es einfach unter das Kopfkissen legen. Ohne Bargeld hätten sie diese Möglichkeit nicht mehr. Sie müssten das Geld ausgeben, und der Wirtschaft ginge es besser.

Noch sind es nur wenige Wissenschaftler, die das fordern. Die Mehrheit hält dagegen, zum Beispiel Jens Weidmann, der Chef der Bundesbank. Das ist die oberste deutsche Bank, die auch für das Drucken und Prägen von Münzen und Scheinen verantwortlich ist. Weidmann sagt, dass die schwache Wirtschaft in Europa ganz andere Ursachen hat als das Bargeld. Diese müssten bekämpft werden. Bargeld dagegen werde es noch lange geben. Auch die Deutschen selbst sind übrigens dieser Meinung: Drei von vier lehnten es in einer Umfrage ab, das Bargeld abzuschaffen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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