Thema der Woche:Schleife dran

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Mit Tesafilm umknödeln, kunstvoll arrangieren oder vielschichtig umwickeln? Warum die Verpackung manchmal mehr sagt als das Geschenk selbst - und was man von den besten Verpackern der Welt für Weihnachten lernen kann.

Von Silke Stuck

Einen Ball, das minikleine, selbstaufgefädelte Perlenarmband, ein gemaltes Bild: Halleluja, wie soll man so was bitte einpacken? Christo! Zu Hilfe!

Christo hat dabei nichts mit Jesus zu tun. Gemeint ist der Künstler, der dieses Jahr gestorben ist. Er war der beste Verpacker der Welt. Zusammen mit seiner Frau Jeanne-Claude hat er sich in die Herzen der Menschen gewickelt. Sie haben ganze Bauwerke verwandelt, einfach indem sie Unmengen Stoff drübergeworfen und verschnürt haben: den Berliner Reichstag etwa (in schweren, silbernen Glitzerstoff) oder die Pont-Neuf, eine Brücke in Paris; und einmal auch nur: Luft.

Für das Verpacken daheim gibt es ein paar Profitricks - die Klebestreifen etwa bereits vorher abreißen und zwischenkleben, die Verpackung lieber großzügig bemessen (und nachher abschneiden oder stopfen). Und immer lieber nehmen, was da ist - Tücher, T-Shirts, Kalenderblätter, Zeitungswerbung, Kistchen oder Selbstgemaltes. An Weihnachten werden so viele Extra-Tonnen Müll erzeugt, der nur einen minutenkurzen Unterm-Christbaum-Auftritt hat und sich dann zerfetzt in der Wohnung verteilt. Schade: Alles, was Weihnachtsgeschenkpapier so besonders macht - Beschichtung, Glitzer, Dicke - macht es auch immer umweltschädlicher.

Wenn wir in den nächsten Tagen um die Wette falten, schneiden und tesafilmen, dann soll es bitte nicht darauf ankommen, dass alles perfekt auf Kante liegt. Verpacken ist wie eine Portion Magie auf ein Geschenk streuen. Perfektion passt da nicht dazu. Ein verpacktes Geschenk kann man erst mal fühlen, schütteln, drehen, rätseln: Was kann das sein? Natürlich darf eine Verpackung schöner sein als das Geschenk selbst, dann ist sie ein Geschenk-on-top. Eine Verpackung ist Verzögern, das letzte Aufschieben der Vorfreude, bis man beinahe platzt. Kennt irgendwie jeder. Zauber hoch unendlich also, wie Luft in Tüten.

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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