Thema der Woche:Klebt!

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Wer tut wann genug? Ein Spagat zwischen ever (immer) und never (nie). Illustration: Dominik Wendland (Foto: N/A)

Die spinnen doch, sagen die einen. Die machen das genau richtig, sagen die anderen. Und die Polizei holt Pinselreiniger und Speiseöl. Über schwer aufzulösende Klimaproteste und eine noch viel schwerer zu lösende Klimakatastrophe.

Von Nina Himmer

Wenn der Kickflip schiefgegangen, der Kumpel vom Rad gestürzt oder die kleine Schwester von der Schaukel gefallen ist, muss man Hilfe holen. Man kann Passanten anhalten und um Hilfe bitten, mit rudernden Armen ein Auto anhalten oder selbst den Notruf wählen. Dem Klima zu helfen ist viel schwieriger. Es gibt keinen Krankenwagen dafür und auch keine Notfallnummer.

Die Gruppe "Letzte Generation", ein Bündnis aus Aktivistinnen und Aktivisten, macht deshalb mit anderen Mitteln auf den Klimakollaps aufmerksam: Sie werfen zum Beispiel Tomatensuppe auf Gemälde, seilen sich von Autobahnbrücken ab oder kleben ihre Hände mit Sekundenkleber auf Straßen fest, um den Verkehr zu blockieren. Die Aktivisten vom Asphalt zu lösen ist nicht weiter schwer. Die Polizei braucht dafür eine Mischung aus Speiseöl und Pinselreiniger, einen Spatel und etwas Geduld. Aber alles andere an den Protesten ist sehr viel komplizierter und wird gerade hitzig diskutiert: Nutzt das der Sache? Ist das nicht gefährlich? Was kann van Gogh dafür? Warum müssen Autofahrer im Stau stehen, nur weil die Politik zu wenig für den Klimaschutz tut? Manche Menschen unterstützen die Proteste, anderen gehen sie zu weit. Einige Politiker haben die Gruppe sogar mit Terroristen verglichen und fordern Gefängnisstrafen. In Bayern sitzen tatsächlich gerade zehn Aktivisten nach einer Klebeaktion in Haft. Doch sie sagen: Wir haben weniger Angst vor dem Gefängnis als vor den Folgen des Klimawandels.

Klar ist: Protest, der nicht stört, ist witzlos. Irgendwie muss man ja Aufmerksamkeit erregen. Wirklich schaden sollte er aber auch niemanden, sonst schadet es der Sache. Auch viele Klimaschützer sehen die Aktionen deshalb kritisch. Kippt das die Stimmung? Bringt das was? Oder verschärfen sich die Proteste vielleicht aus Frust, weil so wenig passiert?

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© SZ vom 12.11.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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