Thema der Woche:Gerechtere Welt

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Die Taube ist ein Symbol für Frieden. Frei fliegen kann sie leider nicht überall auf der Welt. Illustration: Elisabetta Bianchi (Foto: N/A)

In Koblenz wurde vergangene Woche ein Mann zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt. Und das obwohl er hier überhaupt nichts gemacht hat. Warum das trotzdem gerecht ist und was das mit dem Weltrechtsprinzip zu tun hat.

Von Nina Himmer

Koblenz ist eine Stadt in Rheinland-Pfalz. Bekannt für Weinberge, Burgruinen, einen Flusskuss von Mosel und Rhein - und seit Kurzem auch für ein Gerichtsurteil, das weltweit Aufsehen erregte.

Ein Mann stand in Koblenz vor Gericht, weil er in seiner Heimat Syrien an schweren Folterverbrechen beteiligt war. Aber kann man ihn dafür nach deutschen Gesetzen verurteilen? Ja, sagt das sogenannte Weltrechtsprinzip. Hinter diesem komischen Wort steckt eine wichtige Überzeugung: Menschlichkeit gilt überall. Unabhängig von Grenzen, Kulturen und Religionen. Unabhängig auch von den Präsidenten der Länder und den Gesetzen, die dort gelten. Schwere Verbrechen wie Folter, Völkermord oder Kriegsverbrechen können deshalb überall bestraft werden.

Der Mann wurde hier in Deutschland von ehemaligen Opfern erkannt und angezeigt. Das ist auch der Grund, warum er hier vor Gericht gestellt wurde. Vorige Woche haben die Koblenzer Richter ihr Urteil gesprochen: lebenslang. Es ist der erste Prozess weltweit, in dem jemand wegen Staatsfolter nach dem Weltrechtsprinzip verurteilt wurde.

Experten loben das Urteil, weil es eine klare Botschaft sendet: Verbrecher können sich in Deutschland nicht sicher fühlen. Obwohl alle Staaten das Weltrechtsprinzip anwenden könnten, tun es nur wenige. Denn die Prozesse sind sehr aufwendig und politisch heikel. Doch jedes Verfahren ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit und gibt Opfern Hoffnung. Deutschland ist dabei mutig vorangegangen.

Und vielleicht folgt schon bald der nächste Schritt: In Frankfurt am Main begann diese Woche ein Prozess gegen einen syrischen Arzt, der im Auftrag des Regimes ebenfalls Menschen gefoltert haben soll. Auch hier wird nach dem Weltrechtsprinzip geurteilt, auch hier wartet die Welt gespannt auf das Urteil.

© SZ vom 22.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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