Thema der Woche:Gehirnwäsche

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Die Gefangenen werden unter anderem gezwungen, Chinesisch zu lernen. Das Zeichen kann vieles bedeuten, etwa „Beweis“. Illustration: Anton Mariinsky (Foto: N/A)

Geheime Dokumente belegen: China hält sehr viele Menschen in Lagern gefangen. Experten sprechen von über einer Million Uiguren. Diese werden dort ohne Anklage oder Gerichtsprozess eingesperrt und sollen umerzogen werden. Was heißt das?

Von Georg Cadeggianini

Gehirnwäsche ist ein lustiges Wort. Hände kann man waschen, Füße natürlich auch - und alle paar Tage die Haare. Aber das Gehirn? Da kommt man doch gar nicht ran. Und wie soll es überhaupt dreckig werden? Tatsächlich hat eine Gehirnwäsche nichts mit Wasser und Seife zu tun. Gemeint ist damit etwas sehr Grausames: einem Menschen Überzeugungen aufzuzwingen. Also das, was er gut findet, woran er glaubt, was ihm Hoffnung gibt. All das wird dabei gegen seinen Willen verändert.

In China betrifft das gerade Menschen einer ganzen Volksgruppe: die etwa zehn Millionen Uiguren. Sie leben in einer Region im Nordwesten Chinas, die so groß ist wie Deutschland, Frankreich und Spanien zusammen. Sie sind muslimischen Glaubens, haben eine eigene Kultur und Sprache, Chinesisch können sie oft nicht oder nur schlecht. Viele von ihnen finden keine Arbeit und fühlen sich vom chinesischen Staat schon lange schlecht behandelt und ausgegrenzt.

Der Süddeutschen Zeitung und anderen großen Medien wurden jetzt geheime Dokumente zugespielt. Sie beweisen, dass China viele Uiguren in Umerziehungslagern gefangen hält. Experten sprechen von jedem zehnten. Das sind so viele, als ob man in Deutschland alle Kinder wegsperren würde, die jünger als elf Jahre sind. In diesen Lagern mit Stacheldraht und Wachtürmen passiert das, was man Gehirnwäsche nennt: Die Menschen sollen dem Islam abschwören und den Staat toll finden.

Chinesische Politiker nennen das Terrorabwehr. Aber schon wer täglich betet, die Hintertüre seines Hauses nutzt oder ins Ausland reist, ist verdächtig. Die Menschen werden mit Apps ausgespäht, jedes kleine Aufmucken wird als Terror eingestuft. Das alles verletzt die Menschenrechte. Trotzdem zögern Politiker aus Deutschland und anderen Staaten, den wichtigen Geschäftspartner China zu kritisieren. Auch Geld wäscht eben manchmal das Gehirn.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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