Thema der Woche:Die Mitmischer

Lesezeit: 1 min

Hör doch mal zu! Lobbyisten wollen gerne bei der Gesetzgebung mitreden. Deshalb suchen sie Kontakt zu Politikern. Illustration: Ahaok (Foto: N/A)

Lobbyisten versuchen, die Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen. Das ist in einer Demokratie wie Deutschland zwar ganz normal, wird aber trotzdem manchmal zum Problem. Wo verläuft die Grenze zwischen Beeinflussung und Bestechung?

Von Nina Himmer

Weniger Hausaufgaben, langschläferfreundliche Stundenpläne, nettere Noten und Riesentrampoline auf dem Pausenhof. Hätten Schüler eine starke Lobby, gäbe es all das vielleicht. Lobbyismus heißt, sich für die eigenen Interessen einzusetzen - und zwar dort, wo die Regeln gemacht werden: in der Politik.

Das ist ganz normal in einer Demokratie. Dort sind Politiker die gewählten Interessenvertreter der Bürger. Und manche Gruppen haben nun mal sehr genaue Vorstellungen von dem, was sie wollen. Die Autoindustrie zum Beispiel stemmt sich gegen strengere Abgasregeln, weil sie Sorge um ihr Geschäft hat. Klimaschützer wollen, dass ganz schnell alle Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Und Landwirte fordern Entschädigungen, wenn eine Dürre ihre Ernte zerstört. 2322 Lobbyverbände sind derzeit beim Bundestag registriert, die Liste ist aber freiwillig und unvollständig. Einfluss nehmen noch viel mehr - mit Informationen, Geld, Streiks, teuren Reisen, Werbung und manchmal auch mit dubiosen Geschäften. Das Problem mit dem Lobbyismus ist, dass manche Gruppen mehr Geld und damit mehr Einfluss haben als andere. In Deutschland etwa ist die Autoindustrie sehr mächtig, in den USA die Waffenlobby. Forscher haben außerdem herausgefunden, dass sich große Gruppen wie Bahnfahrer oder Supermarkteinkäufer schlechter organisieren können als kleine. Ihre Interessen kommen deshalb eher zu kurz, es entsteht ein Ungleichgewicht. Manchmal geht die Einflussnahme aber auch einfach zu weit. Politiker zu informieren ist das eine, ihre Unterstützung mit Geld, Aktien oder Jobs zu erkaufen - wie es gerade bei dem CDU-Politiker Philipp Amthor passiert sein soll - etwas anderes. Politiker, die sich auf so etwas einlassen, arbeiten nicht mehr für die Gemeinschaft, sondern vor allem für sich selbst. Um das in Zukunft zu verhindern, wollen nun viele ein Lobbyregister einführen. Das würde Lobbyisten verpflichten, ihre Ziele, ihre Auftraggeber und ihr Budget anzugeben. Die stärkste Waffe gegen überbordenden Lobbyismus ist nämlich sehr simpel: totale Offenheit.

© SZ vom 27.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: