Stilkritik: Die Warteschleife:Endlich mal Zeit für ein Nickerchen

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Zwei Stunden war die Kanzlerinnen-Maschine zum Kreiselverkehr über Ostanatolien verdammt. Das sorgte vor allem in der Holzklasse für Aufregung.

So eine Warteschleife ist eigentlich kein großes Ding. Die Kurve zum Outbound Leg bewältigt der Pilot locker in einer Minute, anschließend bleibt er auf diesem Abschnitt und biegt dann auf den Inbound Leg, auf dem er weiter fliegt, bis der Fix wieder erreicht ist.

Da hilft irgendwann auch kein Salzgebäck mehr: Die Maschine mit Kanzlerin Angela Merkel an Bord war gezwungen, eine Endlos-Schleife über Ostanatolien zu drehen. (Foto: Grafik: SZ)

Das kann man schon mal machen, die Passagiere kriegen meist eh nichts mit, entweder weil sie gerade von einer dämlichen Ben-Stiller-Komödie derart eingenebelt werden als würde man ihnen literweise Lachgas in die Sauerstoffmaske pumpen - oder weil sie darüber nachdenken, ob sie jetzt lieber etwas Salziges oder etwas Süßes zu essen hätten.

Dauert die Warteschleife etwas länger, so stellen sich tiefsinnigere Fragen. Zum Beispiel die, was einem eigentlich eine Miles-and-More-Card bringt, wenn man gleich gegen den Ararat kracht oder wegen Treibstoffmangels im Urmiasee versinkt.

Ist das Warten nur Folge höherer Gewalt - Sturm, Schnee, Blitz - so kann man nichts machen. Da muss man durch und in seiner Flugangst drauf vertrauen, dass man zwischen Outbound und Inbound Leg vom Piloten auch weiterhin sicher auf Adelers Fittichen geführet wird.

Ist die Warteschleife allerdings Folge einer Böswilligkeit, beispielsweise einer perfiden Überflugsverweigerung des Iran, so hilft weder Salzgebäck noch TV-Programm.

So muss es an Bord des neuen Regierungs-Airbus Konrad Adenauer auf dem Weg nach Indien gewesen sein. Zwei Stunden war die Kanzlerinnen-Maschine zum Kreiselverkehr über Ostanatolien verdammt, dann erst ließ man sie weiter in Richtung Zagrosgebirge ziehen. Das sorgte für Empörung, vor allem in der Holzklasse.

Am Ende hatte die Welt ein Konfliktchen mehr - und die Kanzlerin zwei Stunden Extra-Schlaf. Es hat eben alles auch sein Gutes. Martin Zips

© SZ vom 01.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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