Sport:"Ein Tag kostet bei mir 6000 Euro"

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Max ist gerade mal 14 Jahre alt, hat keinen Führerschein und fährt 200 km/h. Hier erzählt er von piependen Ohren und 100-Kilo-Bremsdruck, warum er einen Mentalcoach hat und was er von Umweltschutz hält.

Protokoll: Christoph Leischwitz

Da sitzt er noch im Kart. Bald wird Max Reis 15. Dann darf er auf die Formel 4 umsteigen. Mehr über ihn auf www.max-reis.de (Foto: fast-media)

"Eigentlich kann ich gar nicht genau sagen, was mich an diesem Sport fasziniert. Am Anfang war es natürlich cool, in diesem Alter schon was mit Motoren fahren zu dürfen. Mit Lego oder Playmobil hatte ich es nie so. Ich fand alles mit Rädern besser. Als ich dann die Geschwindigkeit erlebt habe, hat es mich erwischt: Ich will Formel-1-Rennfahrer werden.

Manche finden das erst mal komisch: im Kreis fahren, Umwelt verpesten und so. Ich sehe das anders. Es ist ein fesselnder Sport, der einem sehr viel abverlangt und so viele schöne Gefühle hervorruft. Außerdem trägt der Top-Motorsport dazu bei, dass nach umweltfreundlicheren Spritsorten geforscht wird, nach Technik, die allen zugutekommt.

Es ist ein weiter Weg zum Profifahrer. Aber ich bin mir sicher, dass ich das nötige Talent habe. Und ja, man muss dafür einiges an Talent mitbringen. Denn Rennfahren ist viel mehr als einfach nur irgendwie im Kreis rumfahren. Viele glauben gar nicht, wie anstrengend das ist. Neben dem fahrerischen Talent muss man körperlich und im Kopf topfit sei. Ich habe kürzlich meine ersten Testfahrten im Formel-4-Wagen gemacht. Formel 4 ist die Einstiegsklasse in den Formelsport und steht zwischen den kleineren Karts und den großen Rennwagen. Bei meinen Testfahrten bin ich in der Spitze 200 km/h gefahren. Das schafft auch mein Vater auf der Autobahn nicht. Im Rennwagen rüttelt einem der Gegenwind am Helm, in den Kurven drückt es dich in den Sitz, der Nacken wird stark gefordert. Ein Rennwagen hat keine Servolenkung wie ein normales Auto. Das heißt, die Lenkung wird nicht vom Motor unterstützt, man muss alles selber drehen. Wenn man da nicht trainiert, geht das total in die Arme. Aufs Bremspedal muss ich mit über 100 Kilo Bremsdruck treten. Das ist so viel, wie ein großer, nicht ganz schlanker Erwachsener wiegt - alles aus einem Bein. Wenn ich am Ende nach ungefähr 300 Kilometern aus dem Auto steige, dann piept's mir in den Ohren, so laut ist die Fahrt.

WM 2018: Max durfte als jüngster Teilnehmer die Fahne tragen, sein größtes Rennen bisher. Papa musste heulen – vor Glück. (Foto: Bernd Klimm)

Einfach nur im Kreis fahren und Super-Plus-Treibstoff verbrennen? Doch das ist eben der Sport: Es geht um krasse Genauigkeit dank viel Aufwand. Umgekehrt fahre ich ja insgesamt recht selten. Wenn ich sehe, wie viel die Fußballer neulich bei der EM durch Europa geflogen sind. Das ist auch nicht klimaneutral.

Schon als kleiner Junge habe ich an Bobby-Car-Rennen teilgenommen. Da denken manche wahrscheinlich an Plastikspielzeug mit kaputten Hupen im Lenkrad. Aber auch da gibt es richtige Rennen. Beim Kartfahren fängt man dann mit Slalomstrecken an. Dabei dreht man immer erst mal eigene Runden und die Zeit wird gestoppt. Im Kartslalom bin ich mit neun schon Deutscher Meister geworden. Ab geht's dann auf der Rundstrecke, wenn alle gleichzeitig starten. Ein richtiges Rennen eben. Da kann es auch zu Kollisionen kommen, dann müssen alle langsam fahren, bis der Unfall aufgeräumt ist. Ich war sogar schon deutscher Rotax-Meister, eine der populärsten Motorenklassen im Kartsport weltweit. Bis jetzt mein absolutes Highlight war die WM in Brasilien. Die zwei Wochen in dem fremden Land waren sehr besonders.

Bei der WM in Brasilien machte Max nur Platz 25. Ungewohnt war der Kart, den der Veranstalter stellte. (Foto: MR28 GmbH)

Ich wäre jetzt schon bereit für die Formel-4-Serie, quasi die Formel 1 für Jugendliche. Die Motoren sind noch nicht so stark wie bei Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton, aber unsere Rennwagen sehen schon ähnlich aus. In anderen Ländern darf man mit 14 Jahren in die Rennserie einsteigen, ich muss leider noch warten, bis ich im Januar 15 werde.

Es ist kein Zufall, dass die meisten Rennfahrer aus reichen Familien kommen. Ein Tag in der Formel 4 kostet 6000 Euro und mehr. Allein die Streckenmiete kostet oft mehr als 1000 Euro, man muss Mechaniker bezahlen, einen Ingenieur und jedes Mal einen neuen Satz Reifen kaufen. Meine Eltern sind nicht so reich. Zum Glück haben wir schon Unterstützer gefunden, aber wir benötigen noch mehr, sonst kann ich die Serie vielleicht gar nicht fahren.

Ich habe schon viel gelernt. Wann genau man bremsen und aus der Kurve heraus beschleunigen muss, oder wie man bei Regen die schnellste Linie kreuzt, um mehr Grip zu haben. Ich hatte noch keinen Unfall, der mir Angst gemacht hätte, und ich finde, ich kann Risiko gut abschätzen. Ich arbeite auch mit einem Mentalcoach. Der findet, dass ich mich unheimlich gut konzentrieren kann und im Rennen nicht nervös werde, wenn mich zum Beispiel jemand überholen will. Das soll der ruhig mal probieren ..."

Harte Arbeit: Max mit einem Physiotherapeuten beim Steigerungslauf. Ziemlich anstrengend, aber nötig. (Foto: MR28 GmbH)
© SZ vom 24.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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