Reisen:"Ich war im höchsten Gebirge der Welt"

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Emma, 7, ist mit ihrer Familie drei Wochen lang durch Nepal gewandert. Was für ein Abenteuer!

Protokoll Georg Cadeggianini

"Eines Morgens, ich war gerade erst aufgewacht und wollte zum Frühstück in die andere Hütte gehen, lag auf einmal Schnee. Mitten im Frühling! Das, was sich sonst immer nur auf den hohen Gipfeln ums uns herum abspielte, lag plötzlich mitten auf unserem Weg: Schnee. Es war nicht kalt. Aber sehr, sehr hell.

Fast zwei Wochen war ich da schon mit meinen Eltern und meiner kleinen Schwester Mathilda zum Wandern unterwegs: und zwar in Nepal. Nicht einfach so und irgendwo. Sondern im Himalaja, dem höchsten Gebirge der Welt. Natürlich habe ich so was noch nie erlebt.

Besonders war für mich die Zeit in den Bergen erst mal, weil wir fast nichts dabeihatten. Bücher? Lego? Malsachen? Quatsch. Jeder von uns durfte ein zweites Paar Socken, ein zweites T-Shirt, Hose und Pulli mitnehmen. Für viel mehr waren die Rucksäcke zu klein, und für meine Eltern wäre es auch zu anstrengend gewesen, das alles zu schleppen. Mir ist das erst hinterher aufgefallen: Es ist schon irre, mit wie wenig man zurechtkommt. Waschen, Haare kämmen, Kleidung auswählen - all das war auf einmal total egal. Die Bürste hatten wir ohnehin zu Hause vergessen.

Jeden Tag waren wir zwei bis fünf Stunden unterwegs, von Dorf zu Dorf. In den Häusern wohnen unten die Tiere, meistens Kühe, manchmal auch Ziegen, und oben die Menschen. Das ist praktisch, so wird es gleich ein bisschen wärmer.

Die Leute in den Dörfern haben sich sehr gefreut. Vor allem darüber, Kinder zu sehen. Erstens, weil nur ganz selten Kinder als Touristen vorbeikommen. Zweitens, weil ihre eigenen Kinder meist nicht bei ihnen wohnen. Dort oben gibt es nur ganz wenige Schulen. Deswegen kommen viele Kinder, wenn sie fünf Jahre alt sind, ins Internat in die Hauptstadt Kathmandu. Nur zwei Mal im Jahr dürfen sie nach Hause. Ich könnte mir das nicht vorstellen.

Eine Frau dort hat mich gleich in die Küche mitgenommen. Sie hat am offenen Feuer gekocht, wie fast überall dort, hat selbst gemachten Yak-Käse in Würfel geschnitten, ein bisschen angeschmolzen. Stück für Stück. Raclettelecker! Das war wie immer wieder probieren.

Fast alles außer Yak-Käse kommt aus dem Tal: Linsen und Limo, Toastbrot und Schokolade schnallen Träger auf Mulis. Und dann kommen sie den Berg rauf, ein Muli nach dem anderen, bepackt mit allem möglichen Kram.

Bei unserer letzten Station haben wir zwei Erwachsene getroffen. Denen ging es gar nicht gut. Sie hatten Kopfweh und ihnen war schwindlig. Mama hat mir erklärt, dass sie zu schnell zu weit raufgelaufen sind. Höhenkrank wird man dann. Wir haben uns viel Zeit gelassen.

Der höchste Berg, den wir gesehen haben, heißt Langtang Lirung. Er ist genau 7227 Meter hoch. Das ist nicht viel kleiner als der Mount Everest. Aber weil wir selbst auch ziemlich hoch waren, ist das gar nicht so aufgefallen. Wir haben uns den Sonnenuntergang angesehen, und Papa hat vom Mount Everest erzählt.

Jetzt bin ich schon länger wieder zu Hause. Hier gibt es keinen Yak-Käse. Auf dem Fensterbrett bei uns in der Küche steht eine kleine Vase aus Nepal. Die habe ich selbst getöpfert. Ich will unbedingt noch mal in den Himalaja und ein paar der Berge besteigen, an denen wir nur vorbeigewandert sind. Stolz bin ich darauf, dass ich meine Zweitwäsche nicht angetastet habe. Mit mir kann man also auch noch längere Touren machen."

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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