One-Night-Stands:Das schlechte Gewissen schläft mit

Lesezeit: 2 min

Frauen wollen sexuell selbstbewusst sein. Doch so frei wie Männer fühlen sie sich nie. Eine Studie zeigt: Sie können einfach nicht aus ihrer Haut.

Mirja Kuckuk

Junge deutsche Frauen wollen sexuell frei sein. Freier, als es die 68er-Generation jemals war. Deshalb machen sie Sex zu ihrem Thema, breiten ihn aus in ihren Büchern, ihrer Musik.

Manch eine(r) kommt danach ins Grübeln. (Foto: Foto: iStockphotos)

Doch während sich Charlotte Roche und Co. scheinbar tabulos über weibliche Bedürfnisse und Körperlichkeit auslassen, tragen sich andere mit weitaus mehr Zweifeln. So kann ein One-Night-Stand nach wie vor ein persönliches Drama bedeuten.

Das hat nichts mit Verklemmtheit oder verpasster sexueller Revolution zu tun, sondern hat schlicht einen biologischen Grund. Laut einer in Human Nature veröffentlichten Studie der Durham University in Großbritannien plagen sich Frauen nach einem One-Night-Stand mit negativen Gefühlen, während Männer diese zwischenmenschliche Situation als rein sexuelles Vergnügen wahrnehmen.

Ohne merkliche Auswirkungen auf die Psyche können Männer mehrere flüchtige Verhältnisse eingehen. Frauen dagegen sind auf der Suche nach einer festen Beziehung, ziehen die Qualität des Partners der Quantität von Beziehungen vor.

Anne Campbell von der Durham University hat 1743 Männer und Frauen am Morgen danach befragt. Die Probanden sollten ihre positiven und negativen Gefühle in einer Internet-Umfrage einstufen.

Benutzt oder bestätigt?

Das Ergebnis: Die Frauen litten, die Männer genossen. 80 Prozent gaben an, dass sie sich nach der Begegnung mit der Frau gut fühlten. Dagegen empfanden gerade mal 54 Prozent der Frauen Glücksgefühle oder gar Befriedigung.

Über die Erlebnisse der Nacht zu berichten, käme ihr - im Gegensatz zu ihm - nicht in den Sinn. Während der Mann sich bestätigt sieht, überwiegt bei den Frauen das Gefühl, "benutzt worden zu sein". Sie hatten den Eindruck, sich zu etwas heruntergelassen zu haben und fürchteten nun um ihre Reputation.

Unverbindlicher Sex paart sich also zwangsläufig mit einem schlechtem Gewissen? Demzufolge hätten unsere Vorkämpferinnen für die sexuelle Befreiung gegen eine Windmühle gekämpft: Die Frau folgt verhaltensbiologischen Schemata, die älter sind als 40 Jahre. Sie kann einfach nicht aus ihrer Haut.

Professorin Campbell erklärt das Gefühlsgefälle zwischen den Geschlechtern mit dem unterschiedlichen Reproduktionsverhalten. Der Mann habe es leichter, von Frau zu Frau zu ziehen. Einleuchtend, denn eine ungewollte Schwangerschaft hat - zumindest physisch - für ihn keine Konsequenzen. Sie wiederum zieht bei der Partnerwahl bereits die genetische Veranlagungen des Gegenübers mit in Betracht, es könnte ja der potentielle Vater ihrer Kinder vor ihr stehen.

Der Annahme, dass Frauen rein sexuelle Beziehungen eingehen, weil sie hoffen, dass sich daraus eine Beziehung auch jenseits des Bettes ergeben würde, widerspricht die Untersuchung. Doch warum tun Frauen es dann trotzdem? Ziehen sich für eine Nacht aus und "lassen sich herunter"? Campbell vermutet, dass sie während ihres Zyklus unterschiedlich agieren. Und tatsächlich zeigten die Probandinnen verstärkt sexuelles Interesse am anderen Geschlecht zwischen dem zehnten und 18. Zyklustag.

Frauen wie Charlotte Roche mögen angesichts derlei Ergebnisse die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Doch so wissen sie zumindest: Es gibt für sie noch viel zu tun - im Zweifel auch gegen die "Natur".

(sueddeutsche.de/vs)

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: