Neues Image von Beate Uhse:"Wir wissen, was geil ist"

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Schluss mit Schmuddelsex und Muff-Kabinen: Beate Uhse will künftig mehr Frauen anlocken. Ein Anstandsbesuch im "Sexiest Shop on Earth".

Violetta Simon

Was Frauen wirklich wollen? Bei Beate Uhse weiß man bestens Bescheid. Deshalb klärt Michael Sonner, Geschäftsführer des Beate Uhse Einzelhandels, gleich mal auf: "Frauen sind weniger visuell geprägt, sie sind verspielter und bevorzugen eine romantische Umgebung". Vorstandssprecher und Finanzchef Otto Christian Lindemann bringt es auf den Punkt: "Wir wissen, was geil ist". Nachdem nun also die Herren klar gestellt haben, wie Frauen ticken, geht es in die neuen Räume in der Münchner Innenstadt.

Im "Sexiest Shop on Earth" von Beate Uhse soll die Kundschaft ein ganz neues Konzept vorfinden. Eines, das auch Frauen anspricht. 45 Jahre, nachdem das erste "Fachgeschäft für Ehehygiene" in Flensburg unter heftigem Protest vieler Bürger eröffnete, ruft der Laden in der Münchner Sendlinger Straße höchstens ein wenig Missmut bei den direkten Nachbarn hervor. Ansonsten scheint die Neugierde zu überwiegen.

Wer sich die Nase am Schaufenster plattdrückt, bekommt nur wenig zu sehen - dafür von allen Seiten: Hinter einem rot umrandeten Guckloch dreht sich eine Schaufensterpuppe auf einem Stuhl um die eigene Achse. Bei der Einweihungsparty - und zur Freude der männlichen Gäste - nimmt eine äußerst lebendige schwarzhaarige Gazelle darauf Platz.

Erst wenn man eintritt, lässt der "Sexiest Shop on Earth" sämtliche Hüllen fallen - wenn auch stufenweise: Im Eingangsbereich tummeln sich zunächst Merchandising-Produkte und harmlosere Angebote für die Jugend ab 18. "Leicht erotisch, etwas anzüglich" bemerkt Sonner. Die quietschbunten Vibratoren dürften jungen Frauen wohl eher ein Lachen als Laute der Lust entlocken.

Da bringt der goldene Aufliege-Vibrator das Blut schon eher in Wallung - vorausgesetzt, man ist bereit, 1200 Euro für das unförmige Lustobjekt in 18 Karat zu berappen. Auch beim "Minx Vibrator" mit echten Swarowski-Kristallen könnten wohl nur Luxusweibchen schwach werden. Immerhin, die Pornos im Regal - "Sexual Sushi", "Vom Aschenputtel zur Sexgöttin" - haben Handlung, richten sich also eindeutig an eine weibliche Zielgruppe.

Im hinteren Bereich dürfen sich nun beide Geschlechter angesprochen fühlen: Spielzeug und Bücher regen die Fantasie an, Dessous können in den großzügigen Umkleiden auch unter den kritischen Blicken des Partners ausprobiert werden. Hier wurde mitgedacht: Statt sich von frustrierender Neonbeleuchtung entmutigen zu lassen, kann die Kundin per Knopfdruck zwischen Kerzenschein, Rotlicht und hellem Licht wählen. Die Umkleideräume sind im Design von Boudoirs gestaltet, ebenso der großzügige Vorraum, der dem Partner einen dezenten Blick ermöglicht, ohne sich wie ein Triebtäter in die Kabine quetschen zu müssen.

Im Untergeschoss geht es zur Sache

So weit so gut. Hier oben gilt das verspielte Motto "Sex up your life", das sich Beate Uhse auf die Fahne geschrieben hat, um nach 60-jähriger Laufbahn den Imagewandel vom Traditionsunternehmen zur Lifestyle-Marke zu vollziehen. Doch ein Stockwerk tiefer geht es zur Sache. Hier regiert Fetisch und Hardcore. "Alles noch im Einsteigerbereich", versichert Sonner. Und wie zum Beweis lächelt die gute alte Josefine Mutzenbacher von einem Video-Cover.

Weiter hinten wird fündig, wer sich gern bindet: sieben Meter Soft-Seil für 29,95 Euro. Und weil die Anprobe eines Schnürkorsetts ziemlich viel Zeit in Anspruch nimmt, kann sich der ermüdete Mann auch hier niederlassen und den Blick schweifen lassen: über Lack und Leder, Handschellen und Peitschen.

Nicht gerade die Design-Revolution

"Kultur- und designfähig" soll er werden, der Sex, sagt Vorstandssprecher Lindemann. Doch das Design der Sex-Toys könnte eine Überholung vertragen. Denn Wäsche aus Latex, Rosa Puschel-Handschellen, schwarz-rote Pumps und Korsagen mit Nieten sind keine Design-Revolution in der Erotikbranche. Das ist klassisch-männliche Wunschvorstellung.

"Man muss ja nicht alles mögen", beschwichtigt Sonner. "Einer ist im Erdgeschoss schon zufrieden, der nächste fragt vielleicht: Habt Ihr nicht noch was anderes?" Dieses "andere" füllt hier unten einen ganzen Raum. Die meterlangen Regale mit Hardcore-Pornos - von jenseits des guten Geschmacks bis krank - dürften bei den meisten Frauen nur ein Bedürfnis wecken: die Dinger in den nächsten Mülleimer zu werfen.

Schließlich, auf dem Weg zurück nach oben, wissen auch wir Frauen endlich, was wir wirklich brauchen: "Süffig" soll es sein, "wild und anregend", ein richtig "geiler Stoff". Genau: ein "Popp-Bier" mit Potenzholzextrakt. Wunderbar!

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