Naturarzneien:Lieber gratis krank

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Pflanzliche Arzneimittel waren lange Zeit ein Verkaufsschlager in den Apotheken - nun sparen die Verbraucher. Doch ein Pharmakonzern macht weiter großen Umsatz.

Stefan Weber

In der Krise sparen die Verbraucher offensichtlich auch an den Ausgaben für rezeptfreie Medikamente in der Apotheke. "Trotz der starken Grippewelle im Januar und Februar, die sonst das Geschäft mit der Selbstmedikation beflügelt, stagnierte der Umsatz mit frei verkäuflichen Arzneimittel 2009. Die Zahl der ausgegebenen Verpackungen war sogar im zweiten Jahr hintereinander rückläufig", beobachtet Michael Popp, Inhaber und Geschäftsführer von Bionorica, dem führenden Anbieter von apothekenpflichtigen pflanzlichen Medikamenten in Deutschland.

Diese Entwicklung erklärt sich zum Teil allerdings auch mit dem starken Vormarsch der Arznei-Versender, die den etablierten Apotheken Geschäft wegnehmen.

Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens GfK bezieht bereits jeder vierte Verbraucher in Deutschland zumindest gelegentlich Medikamente über den Versandhandel.

Der Marktanteil dieser Anbieter beträgt bei frei verkäuflichen Arzneimitteln etwa fünf Prozent. Popp, der auch stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie ist, ist überzeugt, dass die Versandhändler in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen werden.

Sie bieten Medikamente oft deutlich preiswerter an als Apotheken. Bionorica macht im Geschäft mit Versandhändlern keine Preiszugeständnisse. "Ob Versender oder Apotheke - bei uns gibt es nur einen Preis", betont Popp.

Vor allem für pflanzliche Arzneimittel, die lange Zeit zu den Verkaufsschlagern in den Apotheken gehörten, haben die Verbraucher 2009 weniger Geld ausgegeben. Mit diesen sogenannten Phytopharmaka erlösten die Apotheker nur noch 802 Millionen Euro, 2,8 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Bionorica dagegen verzeichnete auf dem Heimatmarkt 2009 ein Umsatzplus von sieben Prozent. Der Klassiker im Sortiment, Sinupret - ein Mittel gegen Atemwegserkrankungen - war 2009 das umsatzstärkste Medikament auf dem deutschen Markt für Erkältungsmittel.

Starken Gegenwind spürte das Unternehmen aus Neumarkt in der Oberpfalz dagegen in Osteuropa. Vor allem in der Ukraine, wo Bionorica zehn Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet, brach das Geschäft infolge der Wirtschaftskrise stark ein.

Insgesamt verzeichnete die Gruppe ein Umsatzplus von 7,7 Prozent auf 140 Millionen Euro. Die Rendite bewegte sich Popp zufolge zwischen dem, "was Autohersteller in guten Jahren erwirtschaften und dem bei Pharmakonzernen üblichen Niveau".

Mit neuen Phytopharmaka in den Bereichen Immunsystem, Gynäkologie, Urologie und Schmerz will Bionorica in den nächsten Jahren die starke Abhängigkeit vom Erkältungsmarkt weiter verringern. Für Wachstum soll auch der Schritt auf den britischen Markt sorgen. Ab Herbst ist Bionorica dort bei allen Apothekenketten gelistet.

© SZ vom 06.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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